»Wir sind Pazifisten«

Linkspartei-Mitglied Elfi Padovan über ihre Teilnahme am Hilfskonvoi

  • Lesedauer: 4 Min.
Die pensionierte Kunsterzieherin ELFI PADOVAN sitzt im Vorstand des LINKE-Ortsverbandes München-Süd und nimmt an der zweiten Gaza-Hilfsflottille teil. Mit der Pazifistin sprach ND-Redakteur FABIAN LAMBECK.

ND: Sind sie an Bord als Privatmensch oder Mitglied der LINKEN?
Padovan: Ich bin dort im Auftrag des Bundesarbeitskreises der LINKEN »Gerechter Frieden in Nahost«. Ich engagiere mich seit 40 Jahren in der Friedensbewegung. War auf fast jeder Anti-Nazi-Demo und so ziemlich jeder Befreiungsfeier im ehemaligen KZ Dachau. Als LINKE ist es mir natürlich ein Anliegen, Missverständnisse zurechtzurücken, die durch den letzten Fraktionsbeschluss vom 7. Juni entstehen könnten.

Sie spielen auf den Fraktionsbeschluss gegen Antisemitismus an, der Mandatsträgern der Fraktion und deren Mitarbeitern die Teilnahme am Gaza-Hilfskonvoi quasi untersagt?
Ja. Da wird unser Engagement fälschlich als Antisemitismus verdächtigt. Dabei ist ein humanistisches Eintreten gegen Unrecht doch ein Erkennungsmerkmal der LINKEN. In dem Beschluss wird etwas in einen Topf geschmissen, was nicht zusammengehört.

Die Befürworter des Beschlusses argumentieren, dass unter den Unterstützerorganisationen der ersten Gaza-Flottille auch islamistische Organisationen gewesen seien. Zudem sei auch »Tod den Juden« skandiert worden.
Das ist eine Fälschung. Ich habe mir ja auch letztes Jahr jenes Video angesehen, das dann später als Fälschung entlarvt wurde. Ich war geschockt. Da kam auch ein Ruf »Go back to Auschwitz«, und ich habe mich sofort kundig gemacht. Das hätte ich als Teilnehmerin am Hilfskonvoi auf keinen Fall geduldet und hätte mich ausgeklinkt. Aber das Video entpuppte sich später als Fälschung.

Trotzdem. Wie können Sie als Teilnehmerin sicherstellen, nicht zum Spielball von Islamisten zu werden? Und wie kann man reagieren, wenn es an Bord zu antisemitischen Ausfällen kommt?
Ich kenne die Bewegung hier, da sind keine Antisemiten oder Islamisten dabei. Und wenn es an Bord dazu kommen würde, würde ich nicht mitmachen.

Aber was tut man in so einem Fall? Still bleiben?
Nein. Ich kann laut sagen, dass es so nicht geht. Das mache ich ja hier auch die ganze Zeit. Wir haben von der israelischen linken Friedensbewegung einen Brief erhalten, der uns dazu ermutigt, mit dem Konvoi gegen das Unrecht in Gaza zu protestieren, und an der Seite der israelischen Friedensbewegung für gerechte Verhältnisse zu kämpfen.

Werden auch israelische Aktivisten an Bord sein?
Das hoffe ich doch.

Wie werden die Entscheidungen an Bord eigentlich getroffen? Etwa in dem Fall, dass die israelische Marine ein Abdrehen der Flotte verlangt. Wer entscheidet in solchen Situationen, ob man sich widersetzt oder beidreht? Gibt es so etwas wie ein Plenum?
Denke ich mal, ja.

Aber sie wissen das nicht genau?
Nein.

Es kann also durchaus passieren, dass gegen Ihren Willen entschieden wird, trotz israelischer Anweisungen weiterzufahren?
Ich denke, das wird die israelische Marine verhindern.

Und Sie haben keine Befürchtung, dass Personen an Bord sein könnten, die die Konfrontation mit den Israelis suchen?
Nein.

Wie reell ist die Gefahr, dass sich die Vorgänge vom letzten Jahr wiederholen? Setzt man sich in der Friedensbewegung damit auseinander?
Ja, selbstverständlich. Wir sind eine absolut friedliche Gruppe, die keinesfalls zu aggressiven Mitteln greifen wird. Wir sind Pazifisten. Ich wüsste keinen Grund, warum da wieder in dieser überzogenen Art reagiert werden sollte.

Wie wird die Aktion diesmal enden?
Das ist sehr schwer zu sagen. Ich weiß, dass schon ein israelisches Gefängnis mit Palästinensern geräumt wurde, damit für uns Platz ist.

Was bringt die Aktion eigentlich, wenn schon jetzt klar ist, dass Israel mit allen Mitteln verhindern wird, dass der Hilfskonvoi den Gaza-Streifen erreicht?
Es geht uns als Friedensbewegung ja auch darum, das Problem wieder ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zu bringen.

Auch um den Preis, dass es wieder Tote gibt?
Nein, ich hoffe nicht, dass wieder Menschen sterben müssen.

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