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PETER RAUE: Gerechtigkeit?

Marginalien zum KLEIST-JAHR 2011

  • Lesedauer: 2 Min.

Das »Lustspiel« vom »Zerbrochnen Krug« handelt letztlich von der Unmöglichkeit, durch Gesetzesanwendung Gerechtigkeit in dieser ungerechten Welt leuchten zu lassen. Bei keinem Dichter der deutschen Sprache fokussiert das Werk den unversöhnlich scheinenden Widerspruch von Recht und Gerechtigkeit so klar und verzweifelt wie bei Kleist. Von der Anekdote »Sonderbarer Rechtsfall in England« über den »Prinz Friedrich von Homburg« (»Das Kriegsrecht solle herrschen /Doch die lieblichen Gefühle auch«), den »Kohlhaas« bis zum »Zerbrochnen Krug« lässt sich diese Lebensspur verfolgen. Und immer spiegeln diese Werke Kleists Überzeugung wider, dass es unmöglich sei, Gerechtigkeit in dieser Welt finden zu können. Die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hat diesen Konflikt nach der Wende bekanntlich so formuliert: »Wir haben Gerechtigkeit gesucht und den Rechtsstaat gefunden«. Das Recht, das Gerichte sprechen, verfehlt nach der Überzeugung Kleists stets und notwendig die Gerechtigkeit. Im »Kohlhaas« nennt Kleist den Titelhelden einen »der rechtschaffensten und zugleich entsetzlichsten Menschen seiner Zeit«, von dem wir erfahren: »das Rechtgefühl aber machte ihn zum Räuber und Mörder«. Im »Findling« überlässt der Kaufmann Piachi dem Adoptivsohn »Haus, Hof, das ganze Vermögen«. Als der so Beschenkte sich unzüchtig der Frau des Kaufmanns nähert, will er den Schändlichen aus dem Hause vertreiben – der aber verweist auf seine ihm durch Schenkung überlassene Besitzposition und setzt das Ehepaar Piachi vor die Türe. Die gerichtliche Klage des Piachi auf Widerruf der Schenkung (wegen Undanks) wird abgewiesen, und nun stellt er selbst »sein Recht« wieder her, indem er dem Adoptivsohn »das Gehirn an der Wand eindrückt«.

Aus: Programmheft zu »Der Zerbrochne Krug«,

Ruhrtriennale 2009, Regie: Andrea Breth

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