Zwanzig Kilo in der Luft
Nur noch rund 100 Großtrappen leben in Deutschland – die Riesenvögel brauchen Aufzuchthilfe
Potsdam. Die imposante Balz der Großtrappen ist vorbei, jetzt dreht sich alles um die Aufzucht der Küken. Sie werden von den Hennen auf Futtersuche zu den Insekten auf der Wiese geführt. Doch in einigen Gelegen werden auch jetzt noch Eier ausgebrütet. Außerdem kommen junge Küken in Brutschränken in der Vogelschutzwarte Buckow (Havelland) zur Welt. Von den einst tausenden Trappen in Deutschland leben nur noch etwa 100 in Westbrandenburg und im benachbarten Sachsen-Anhalt – die anderen Populationen sind verschwunden.
Der lange und kalte Winter hat auch bei den seltenen Großvögeln, die bis zu 20 Kilogramm schwer werden können, seinen Tribut gefordert. »Bei der Zählung im vergangenen Herbst registrierten wir in den drei verbliebenen Vorkommen noch etwa 120 Trappen«, berichtet Prof. Matthias Freude, Präsident des Landesumweltamtes in Potsdam. »Im Havelländischen Luch um Buckow fanden wir 58 Trappen, in den Belziger Landschaftswiesen 53 und sechs im Finer Bruch grenzüberschreitend zu Sachsen-Anhalt.« Etwa ein Drittel der hiesigen Population sei vor der Winterkälte in westlicher Richtung ausgewichen. »Einige unserer Exemplare wurden im Westen Deutschlands sowie in Belgien und Holland nachgewiesen«, bemerkt Freude. Aus drei Überwinterungsgebieten habe man Mitteilungen über verendete Trappen aus Brandenburg bekommen.
Besucher aus Indien
Für Touristen sind die Trappen eine Attraktion. Sie schauen sich gern morgens und abends die balzenden Hähne an und beobachten, wie die scheuen Tiere durch die Wiesen streifen. Jährlich zieht es mehrere tausend Interessenten zu den Balzplätzen. »Besucher kamen bisher aus den Niederlanden, Schweden, England, aber auch aus Spanien, Russland, der Schweiz und sogar aus Indien«, erzählt Winfried Jaschke vom Förderverein Großtrappenschutz in Buckow.
Der Verein kümmert sich gemeinsam mit der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg um den Schutz der vom Aussterben bedrohten Trappen. »Bereits seit 1979 läuft in Buckow erfolgreich ein Aufzucht- und Auswilderungsprogramm«, informiert Jaschke. »Zurzeit haben wir 43 Küken in der Aufzucht, die wir im Juli auswildern.« Die Eier holten Jaschke und seine Mitarbeiter aus Gelegen, die sie außerhalb des 18 Hektar großen umzäunten Schutzraumes fanden. Er wurde eingerichtet, damit die Trappen ungestört vom Fuchs brüten können. Jährlich kommen im Brutkasten 60 bis 70 Küken zur Welt, das sind etwa 50 Prozent des Bestandes.
Hohe Düngergaben
»Ohne diese konstante Aufzucht mit der Hand wären die Großtrappen hier schon ausgestorben«, sagt Jaschke. Die erste Zählung der Trappen in Deutschland hatte 1939/40 in den heutigen Grenzen noch 4100 Exemplare ergeben, wie der Verein herausfand. Für Brandenburg wurden damals etwa 3600 Tiere erfasst. Doch seitdem ging der Bestand dramatisch zurück. In Mecklenburg-Vorpommern waren die Großvögel in den letzten Lebensräumen bei Demmin und Anklam nach dem strengen Winter 1978/79 binnen Jahresfrist ausgestorben. In Sachsen verendete der letzte Hahn 1994 nördlich von Leipzig.
Für den Amtspräsidenten Matthias Freude liegt die Ursache auf der Hand. »Hauptgrund ist die intensive Landwirtschaft, durch die den Trappen die vielfältige Nahrungsgrundlage entzogen wird.« Die hohen Düngergaben ließen nur wenige Pflanzen stark wachsen, während die meisten Wiesenpflanzen keine Chance hätten – und mit ihnen viele Futterinsekten der Trappen.
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