Kulturtreffen mit Strategieanspruch

200 Funktionäre der Linkspartei diskutieren heute in Potsdam darüber, wie es weitergehen soll

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Rund 200 Funktionäre aller Landesverbände der Linkspartei kommen am heutigen Sonnabend in Potsdam zu einer bundesweiten Strategiekonferenz der Partei zusammen. Damit wird der bereits regional gepflegte Austausch zwischen den Landesverbänden erstmals auf eine so breite Basis gestellt, wie die Veranstalter betonen.

In der Geschichte vom Frosch, der in die Milch gefallen ist, strampelt dieser solange um sein Leben, bis aus der Milch Butter geworden ist und der Glückliche herausklettern kann. Das Glück des Tüchtigen will am Sonnabend die Linkspartei auf einem Treffen in Potsdam beschwören. Und ein bisschen gestrampelt werden soll auch.

Zumindest erhoffen sich die Veranstalter, dass ihre Initiative zu mehr Bewegung führt bei der Lösung der Probleme, die die Partei zuhauf hat. Man wolle Grundfragen diskutieren, aber abseits des üblichen Streits um vermeintliche oder tatsächliche Prinzipien, wie Katharina Schwabedissen betont. So ist eine »Information zum Stand der Programmdebatte« Thema nur in einem von vier Workshops in Potsdam. Vielmehr gehe es darum, wie man in den Landesverbänden weitermachen wolle, meint sie, und es klingt ein wenig wie »ohne die Streitereien im Bund«. Die Landessprecherin der Partei in Nordrhein-Westfalen ist eine der Initiatorinnen des Treffens. Ausdrücklich versteht sich dieses also nicht als Zulieferung zur Programmdebatte der Partei, auch wenn es sich den Titel Strategiekonferenz gegeben hat. Man wolle einem Bedürfnis nach Austausch und gegenseitiger Solidarität entgegenkommen, beschreibt Thomas Nord, Landesvorsitzender in Brandenburg, das Anliegen.

Hilfe tut not

Eher Therapie als Strategie? Programmstreit, Antisemitismusdebatte, Strafanzeigen und gegenseitige Ausschlussanträge haben die Stimmung in der Partei teilweise vergiftet. Toleranz ist nicht das hervorstechende Merkmal der Mitglieder im Umgang miteinander. Und dies gilt nicht nur im medialen Dunstkreis der Bundespolitik. In den Zuarbeiten aus den Vorständen einiger Länder liest sich der Zustand der LINKEN auch als Ergebnis von »persönlichen Auseinandersetzungen, Diffamierungen und daraus folgenden personellen Konsequenzen«, wie im Bericht aus Bayern formuliert. Oder als Feststellung, dass der Landesverband »chronisch unterfinanziert« sei und »nicht in der Lage, seine eigene Arbeit durchgängig zu leisten, geschweige denn, die Kreisverbände zu unterstützen«, wie es im Bericht aus Rheinland-Pfalz heißt. Die alarmierende Lagebeschreibung ist auch Ergebnis vorausgegangener, heftiger persönlicher Auseinandersetzungen.

Hilfe tut not. Dass diese im Austausch zwischen den Funktionären der Landesverbände zu finden sei, davon zeigen sich die Initiatoren überzeugt. Sie halten den Zustand der Partei für eine mit vier Jahren noch junge politische Organisation für normal, wie sie betonen. Thomas Nord: Man habe es gegenseitig mit einem ständigen Lernprozess zu tun, »und der muss organisiert werden«. Das kann man durchaus als strategische Aufgabe wahrnehmen. Aber eben auch als therapeutische. Und die Differenzen über das Parteiprogramm haben bisher alle guten Absichten immer wieder in den Hintergrund treten lassen.

Vielfalt als Klotz am Bein?

Die LINKE, die ihren Erfolg einer neuartigen Pluralität ihrer Mitglieder und Anhänger verdankte, schleppt inzwischen schwer an dieser Vielfalt. Eine Spaltung, wie sie als Ziel in einem Ideenpapier unverblümt ausgesprochen wurde, findet jedoch offenbar keine nennenswert zahlreichen oder gewichtigen Befürworter. Auch Schwabedissen und Nord wollen kulturellen und politischen Unterschieden in der Mitgliedschaft kein Potenzial zur Trennung zubilligen. Eine Dialogpartei wolle man sein, so Nord. Und eine solidarische ist man bekanntlich sowieso. Wenn das in Potsdam nun miteinander geübt wird, sollte man wohl von einer Kulturveranstaltung sprechen. Wenn auch von einer mit strategischem Anspruch.

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