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Immer noch mit "z" geschrieben oder der Besuch der alten Dame

Liza Minelli am 15. Juli 2011 beim 45. Montreux Jazz Festival

  • Christoph Nitz, Montreux
  • Lesedauer: 3 Min.
Liza Minelli wird seit bald 40 Jahren mit ihrer Rolle als Sally Bowles in der Filmfassung des Boardway-Musicals "Cabarett" indentifiziert. Dabei hat die Sängerin und Schauspielerin davor und danach viele Filme gedreht, Platten produziert und Konzerte gegeben. Sie hatte nie Berührungsängste und kollaborierte auch mit den "Pet Shop Boys" oder "My Chemical Romance". Sie trat erstmals in Montreux auf und bot einen berührenden Abend in der Miles Davis Hall.

Ihr Leben als eine Achterbahn zu beschreiben, dürfte wohl zu kurz greifen. Mit drei Jahren hatte die Tochter von Judy Garland und Vincente Minnelli ihren ersten Auftritt. 1963 begann sie ihre Karriere und 1972 folgte der Auftritt ihres Lebens. Alles danach wurde und wird daran gemessen. Also in diesem Jahr kommt die alte Dame zum ersten Mal an den Genfer See und bemerkt zumindest, dass ihr Konzert im kleineren der beiden Konzertsäle stattfindet: "It's just for us – nobody else." Diese Ansage nach dem ersten Song, der "die beste Band im Land" – also ihre – thematisierte, machte die Diva schon atemlos. Aber bei einem Besuch einer alten Dame, – die so alt eigentlich gar nicht ist, die ihrem Körper aber schon genügend abverlangt hat – sollte man über solche Kleinigkeiten besser wegsehen.

Die Miles Davis Hall war bis auf den letzten Platz gefüllt und alle waren froh, dass Minelli überhaupt an den Genfer See gekommen war. Sie erzählte Anekdoten, die angeblich neuen Datums sein sollten – aber bei "Liza with a "z"" mag man das nicht so richtig glauben, denn dieser Song ist immerhin fast vierzig Jahre alt, freut sich über ihr Publikum und strahlt selbst von ihrem Bühnenstuhl die Autorität einer Künstlerin, die eben nie ein "One-Trick-Pony" war. Niemand solle sich zum Richter aufschwingen, was für sei gut sei und was nicht, singt sie und jeder weiß, dass die alte Dame das auch in ihrem eigenen Leben immer so wollte. Pillen und "liquor" schaden der Gesundheit sicher, sie besingt jedoch eine Frau, die ähnlich ihr vor diesen Lastern kapitulierte, als Köngin und pries deren geschundenen Körper als "happiest corps I ever saw." Soviel Souveränität gehört ein Sonderapplaus – und mit Beifallsbekundungen knauserten weder Künstlerin noch Publikum.

Ihr neues Album trägt den Titel "Confessions" und viele Lieder und ihre persönlichen Ansagen gleichen auch Geständnissen und man mag hoffen, dass sie Recht behält: "Maybe this time I'll win." Sie rollt die Augen, lädt ein "Come to the Cabaret", schmachtet ihren Bandleader an "I can't give you anything but Love" und singt von Tramps, die Frau einfach lieben müsse. Tapfer plagt Minelli sich trotz künstlichem Knie und anderen Beschwerden durch ihr Programm mit Bravour und am Ende wanderte die Miles Davis Hall für ein paar Minuten nach "New York" und bekanntermaßen kann, wer dort Erfolg hatte, überall "top of the list" sein. Also war der Besuch der alten Dame am Genfer See ein voller Erfolg. "I'm having my best time" – dankt sie ihrem Publikum, wahrscheinlich wie an jedem Ort, wo die alte Dame Hof hält. Egal, denn die Welt wird sich weiterdrehen, singt sie und manchmal verliert jemand und ein anderes Mal gewinnt einer. Liza Minelli ist eine (über-)lebende Legende – den entsprechenden Stern auf dem Walk of Fame hat sie, ebenso wie den Grammy Legend Award schon seit mehr als 20 Jahren wie unzählige weitere Auszeichnungen – solchen Besuch hat man einfach gern und genießt die kurze gemeinsame Zeit.

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