EU-Rettungsschirm für Spanien?
Weiterer Zinsanstieg für Staatsanleihen macht Finanzlage untragbar
Trotz Griechenland-Einigung und US-Schuldenabkommen steigen die Zinsen für spanische und italienische Staatsanleihen weiter.
In Spanien macht sich mitten in der Urlaubszeit Panikstimmung breit. Am Dienstag haben die Zinsen für Staatsanleihen einen neuen Rekord erklommen. Der Zinsunterschied (Spread) im Verhältnis zu deutschen Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit hat die Marke von 400 Basispunkten durchbrochen. Damit muss Madrid also vier Prozentpunkte mehr für neue Kredite bieten als Berlin. Die Renditen spanischer Anleihen lagen am frühen Dienstag bei fast 6,5 Prozent. Bei Analysten gilt ein Zinssatz von sieben Prozent als die Marke, ab der Staatsschulden unfinanzierbar werden. Mit dem Anstieg des Spread gingen am Montag Kursverluste an der Börse in Madrid um 3,24 Prozent einher. Das war der größte Einbruch in diesem Jahr.
Die Befürchtung wächst, dass Spanien, wo im November vorgezogene Neuwahlen anstehen, nicht mehr vor dem Absturz zu bewahren ist. Es wäre unverantwortlich, immer mehr Mittel aus dem Haushalt in den Schuldendienst fließen zu lassen, während das Geld für Investitionen, Bildung und Sozialleistungen fehlt. Einige Beobachter empfehlen, die sozialistische Regierung in Madrid sollte nicht den Fehler von Griechenland, Irland und Portugal machen und den Nothilfeantrag in Brüssel solange hinauszuzögern, bis es nicht mehr anders geht.
Mit jeder Krise in einem Euroland sind die Zinsen auch in Spanien weiter gestiegen. Die Beruhigungsversuche, zuletzt nach der Einigung über das zweite Griechenland-Nothilfepaket, haben nur kurz gewirkt. Ähnlich war es bei früheren hektischen Rettungsversuchen. Nun hat nicht einmal die Einigung in der US-Schuldenkrise für diese kurzfristige Erleichterung gesorgt.
Ein Gang unter den Rettungsschirm würde den von einem hohen Defizit gestressten Haushalt stark entlasten, denn beim letzten EU-Gipfel wurden die Zinsen für Notkredite an Pleiteländer auf 3,5 Prozent gesenkt. Schon damit könnte das Land dem Ziel näher kommen, bis 2013 das Defizit auf drei Prozent zu senken. Setzt Madrid allerdings weiter auf den privaten Kapitalmarkt, müssten Kredite neu aufgenommen werden, für die der Schuldendienst dann doppelt so hoch wäre.
Schlüpft Spanien unter den Rettungsschirm, würde auch Druck von Italien genommen, das ebenfalls in Bedrängnis kommt. Der Absturz an der Börse in Mailand fiel am Montag mit fast vier Prozent noch drastischer aus. Und auch für italienische Staatsanleihen stieg der Spread am Dienstag auf 385 Basispunkte an. Das Land, dessen Staatsverschuldung im Verhältnis der Wirtschaftsleistung mit 120 Prozent doppelt so hoch wie in Spanien ist, ist nun ebenfalls über der Zinsmarke von sechs Prozent. Stürzt dieses große Euroland, dann kommt der Euro in Bedrängnis. In Rom kamen am Dienstag Vertreter des Wirtschaftsministeriums, der Zentralbank und der Aufsichtsbehörden zu einem Krisentreffen zusammen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.