1971: Rauch über dem Genfer See
45. Montreux Jazz Festival: Blick zurück in die Geschichte des Traditionsevents
Ob wirklich eine im Saal des Casinos abgeschossene Signalpistole die Ursache des Brandes war, ist bis heute nicht zweifelsfrei erwiesen. Claude Nobs bekam neben dem Festival, das in diesem Jahr zum fünften Mal vom 12. bis zum 20. Juni stattfand die Aufgabe, für jeden Monat ein Rock-Konzert zu organisieren. Nobs war damals stellvertretender Direktor des Fremdenverkehrsbüros von Montreux und mit dem Musikfestival sollte eine ähnlich attraktive Reihe begründet werden wie das Filmfestival "Goldene Rose von Montreux". Dieses findet seit 2004 als "Rose d'Or" in Luzern statt. Beim Konzert von Frank Zappa fing der Saal des Casinos Feuer und die Band Deep Purple wurde Augenzeuge des Feuers.
Die Gruppe hatte ursprünglich den Plan mit dem mobilen Tonstudio der Rolling Stones im Casino ihre neue Platte aufzunehmen. Nach dem Feuer wurde zunächst ein Theater ausgesucht, doch die Anwohner wehrten sich gegen die laute Rockmusik. Die Ergebnisse der Sessions, die am Ende dann im leer stehenden Montreux Grand Hotel über die Bühne gingen wurden 1972 unter dem Titel "Machine Head" auf den Markt gebracht. Der bekannteste Song "Smoke on the Water" war der einzige, der nicht im Hotel entstand. Dessen Basistrack wurde im Theater "Pavilon" eingespielt und später vollendet. Das Klappcover der Platte zeigt innen übrigens zeittypisch viele kleine Fotos, darunter auch eines vom Brand in Montreux. Erst die kommenden Jahre sollten Song und Festival zu einer Erinnerungseinheit fügen. Aber so ist das bekanntlich öfter mit Mythen.
Das Festival fand 1971 im Juni statt und einer der Top-Acts war Melanie, die sich fragte, was mit ihrem Lied geschehen sei. Der Titel "What Have They Done to My Song Ma" war Anfang des Jahres in die Charts gelangt und die Sängerin mit dem sperrigen bürgerlichen Namen Melanie Anne Safka-Schekeryk veröffentlicht fleißig weiterhin Platten - aber hören möchten die Fans am liebsten ihren Hit. Den machte in Deutschland übrigens Daliah Levi berühmt, denn Anfang der 1970er Jahre war es noch in Mode, internationale Titel "einzudeutschen". Das Konzert von Melanie erschien noch im gleichen Jahr unter dem wenig spektakulären Titel "Live at Montreux". Das meiste Interesse galt aber dem Auftritt von Aretha Franklin. Weiter waren Family und Roberta Flack zu Gast am See. Das Festival insgesamt war auch bei seiner fünften Auflage noch mehrheitlich stilistisch dem Jazz verpflichtet.
Santana kam 1971 ebenfalls zum ersten Mal an den Genfer See - aber auch sein Auftritt fand nicht während dem eigentlichen Festival statt. Sein Auftritt im Mai wird aber wie manch anderes auch munter zur Festivalgeschichte hinzuaddiert.
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