Reformvorhaben der SPD droht zu scheitern

Basis und Landesverbände lehnen die Beteiligung von Nichtmitgliedern bei Kandidatenwahlen ab

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Es war das zentrale Anliegen von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles, bei der anstehenden Parteireform auch die Beteiligung von Nichtmitgliedern an Kandidatenwahlen durchzusetzen. Doch nun sieht es danach aus, dass sie dies nicht gegen den innerparteilichen Widerstand durchsetzen können.

Der SPD-Spitze droht eine herbe Schlappe. Nach Informationen des Magazins »Spiegel« stellt sie sich darauf ein, dass der Plan von Parteichef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles scheitert, nach US-Vorbild auch Unterstützer ohne Parteibuch in Urwahlen bei der Abstimmung über den Kanzlerkandidaten, Bewerber für Landratsposten sowie Bundestags- und Landtagsabgeordnete zu beteiligen. Dadurch sollte die unter Überalterung sowie Wähler- und Mitgliederschwund leidende SPD für Sympathisanten attraktiver gemacht werden, die nicht gleich in die Partei eintreten wollen. Mit der angestrebten Parteireform sollen zudem die Mitgliederzahlen von Präsidium und Parteivorstand reduziert sowie der Parteirat durch einen Länderrat ersetzt werden.

Die SPD-Führung hatte aber schon dadurch Streit provoziert, dass sie einen internen Dialog vor der Veröffentlichung ihrer Vorhaben nicht für notwendig hielt. Ende Mai wurde der Entwurf zur Parteireform den Medien präsentiert. Seitdem wird innerparteilich vor allem über die Regelung zur Beteiligung von Nichtmitgliedern gestritten. Die Landesverbände sind diesbezüglich gespalten. Während Nils Schmid, Landeschef in Baden-Württemberg, und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck das Vorhaben grundsätzlich begrüßen, haben andere ihr Veto angekündigt. Michael Groschek, Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, warnte davor, eine »Nichtmitgliederpartei zu erfinden«. Und Schleswig-Holsteins Landesvorsitzender Ralf Stegner befürchtet, dass »ein Kanzlerkandidat der SPD von Leuten mitbestimmt werde könnte, die es nicht gut meinen mit unserer Partei«. Auch die Jusos üben scharfe Kritik. Die Jugendorganisation teilt die Einschätzung von vielen der rund 495 000 Parteimitglieder. Diese sind unzufrieden, weil ihre Rechte als Mitglieder künftig entwertet werden könnten. Vor allem die Älteren vertreten die Meinung, dass auch künftig hauptsächlich die Ortsvereine Zentren für die Basisarbeit bleiben müssten.

Trotz des Widerstandes hatte die Parteispitze in den vergangenen Wochen betont, an ihren Plänen festhalten zu wollen. »Die SPD wird beweisen, dass sie reformierbar ist«, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier trotzig. Doch nun sieht es so aus, als ob die Kritiker nicht überzeugt werden können. Im Umfeld der Parteispitze soll erklärt worden sein, dass Gabriel und Nahles nicht beschädigt wären, wenn sie auf dem Parteitag Anfang Dezember in Berlin an dem Mehrheitswillen der Basis scheitern sollten. Aber es ist offensichtlich, dass sie in diesem Fall als führungsschwach und wenig kommunikationsfähig dastünden.

Dagegen würde vor allem die Position des ehemaligen Finanzministers Peer Steinbrück gestärkt. Dieser bekleidet zwar derzeit kein wichtiges Amt, gilt aber als einer der Favoriten für die Kanzlerkandidatur im Wahlkampf 2013 und Teil der neuen SPD-Troika, der außerdem Gabriel und Steinmeier angehören. Als einziges Mitglied dieser Troika hatte sich Steinbrück gegen die für Nichtmitglieder offenen Urwahlen ausgesprochen. Das Reformvorhaben bezeichnete er als »missbrauchsanfällig«.

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