Geschlossenheit verordnet

Die CDU in Schleswig-Holstein ist nach der Boetticher-Affäre um Stabilität bemüht

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 2 Min.
In der schleswig-holsteinischen CDU ist man bemüht, die personellen Aufräumarbeiten nach dem Abgang von Christian von Boetticher, der nach einer Affäre mit einer 16-Jährigen seine Spitzenposten zur Verfügung gestellt hat, so schnell wie möglich abzuschließen.

Christian von Boetticher ist weg – der neue CDU-Supermann in Schleswig-Holstein heißt Jost de Jager. Der Wirtschaftsminister ist Kandidat Nummer 1 für den Landesvorsitz. Landesvorstand und alle Kreisvorsitzenden sprachen sich für den 46-Jährigen aus, der zudem nächstes Jahr das Amt des Ministerpräsidenten anstrebt. Auf vier Regionalkonferenzen wird er sich seiner Parteibasis vorstellen, ehe am 24. September ein Sonderparteitag folgt, auf dem er zum Parteichef gekürt werden soll. Theoretisch können bis dahin noch weitere Kandidaten ihren Hut in den Ring werfen, doch niemand rechnet ernsthaft damit, denn die Union im hohen Norden hat sich jetzt die Formel geschworen: Geschlossenheit über alles! Am 4. November ist dann vorgesehen, de Jager zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl zu wählen.

Die nach der Boetticher-Affäre schwer angeschlagene Partei will Handlungsfähigkeit beweisen und daher morgen auch die letzte vakante Personal-Baustelle abschließen, wenn der neue Fraktionsvorsitzende bekannt gegeben werden soll. Favorit ist nach Informationen des NDR nunmehr der bisherige Finanzminister Rainer Wiegard als ausdrücklicher Wunschkandidat von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. Andere Anwärter werden dafür zurückstecken – manch einer auch zähneknirschend. Wiegard, der aus der HSH-Nordbank-Havarie als begleitender politischer Entscheidungsträger schadlos hervorgegangen ist, würde für die Übernahme des Fraktionsvorsitzes seinen Ministersessel verlassen. Dem Vernehmen nach soll der bisherige Staatssekretär Olaf Bastian im Finanzressort dann die Ministerurkunde bekommen.

Auch wenn die Union nach außen nun nach den vergangenen Krisentagen enger zusammenrückt, rumort es weiter an der Basis, die zwar fortan mitreden, aber nicht mitentscheiden darf. Auch in der Fraktion sind sich nicht alle grün, zumal es im Hinblick auf den nächsten Urnengang wegen des Wegfalls von Wahlkreisen zu einigen Kampfabstimmungen kommen wird. Und auch die Christdemokraten, die offenbar die delikaten Details aus dem Boetticher-Privatleben an die Öffentlichkeit zerrten und mit ihrer Intrige die vergangenen turbulenten Tage in Schleswig-Holstein zu verantworten haben, sind noch nicht geoutet.

Gerade in Schleswig-Holstein mit seinen Politskandalen der Vergangenheit, angefangen mit der Barschel-Affäre 1987, hat die Vokabel Moral ein bedeutsames Gewicht. Die anderen Parteien haben sich mit einer Kommentierung der Union-Kapriolen daher bisher auch wohlweislich zurückgehalten. SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner sprach gestern von »Durchhalteparolen«, die jetzt aus dem schwarz-gelben Lager mit einer Stimme Mehrheit (ausgerechnet die Boetticher-Stimme) zu vernehmen seien.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -