Brosamen für die Gemeinschaft
Französische Millionäre wollen Zusatzabgabe
Wie Gott in Frankreich leben nur wenige Franzosen. Einige Superreiche haben nun scheinbar ein schlechtes Gewissen bekommen und wollen mehr Steuern zahlen. In einer Erklärung fordern die 16 renommierten Unterzeichner eine Sondersteuer auf ihre Vermögen.
Die Initiative hatte vor einigen Wochen Maurice Lévy ergriffen, der Vorsitzende des Verbandes privater Unternehmen. Er forderte die Reichsten Frankreichs dazu auf, sich in der Eurokrise solidarisch zu zeigen und einen Extrabeitrag zur Sanierung des französischen Haushaltes zu leisten. Einen ähnlichen Ruf nach Besteuerung gab es zuvor in den USA. Dort bat der Multimilliardär Warren Buffet darum, etwas mehr von seinem Konto abgeben zu dürfen. Er forderte ganz konkret, die Vermögenssteuern anzuheben.
So weit ist man in Frankreich allerdings noch nicht. In dem Appell der 16 Superreichen, der Anfang dieser Woche im »Le Nouvel Observateur« veröffentlicht wurde, geht es lediglich um eine »zusätzliche Abgabe«. Weder ist von einer dauerhaften Erhöhung der Vermögenssteuer noch des Spitzensteuersatzes die Rede. Die superreichen Franzosen, unter ihnen die L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt sowie die Firmenchefs von Danone, Orange und dem Ölkonzern Total, argumentieren patriotisch: Sie wollten einen Beitrag dazu leisten, um das »französische Modell und die europäische Umgebung«, von denen sie profitiert hätten, zu erhalten. Angesichts der hohen Staatsverschuldung bieten die Unterzeichner einen Teil ihres Vermögens zur Staatssanierung an, denn, so heißt es am Ende: Im Moment, in dem die Regierung von allen einen Beitrag verlange, wolle man als Vermögender nicht zurückstehen. Die Ironie der Geschichte ist, dass die L'Oreal-Erbin erst vor einigen Monaten in einen enormen Steuerhinterziehungsskandal verwickelt war.
In Frankreich wird seit einigen Wochen im Parlament eine Reichenabgabe erörtert, bisher aber ohne Ergebnis. Nach einem ersten Vorschlag sollen Einkommen von über einer Million Euro pro Jahr zusätzlich mit ein bis zwei Prozent besteuert werden. Interessanter als die angepriesene Einmalzahlung der Superreichen sind Diskussionen, wonach die Reichenabgabe an weitere Reformen des Steuersystems gekoppelt werden müsse, beispielsweise an die Schließung von Steueroasen, die gleiche Besteuerung auf Kapital- wie auf Arbeitseinkommen sowie die Entlastung der mittleren und unteren Schichten – das steht allerdings in Regierungskreisen nicht auf der Agenda. Der Spitzensteuersatz liegt in Frankreich mit 41 Prozent vergleichsweise niedrig. Sogar Deutschland liegt mit 42 bzw. 45 Prozent darüber. In beiden Ländern sank der Steuersatz in den letzten Jahrzehnten rapide. Unter Helmut Kohl ging bei größeren Einkommen bis zu 53 Prozent an den Fiskus, in Frankreich lag der Steuersatz noch bis 2004 bei über 48 Prozent. Während in Deutschland die Vermögenssteuer durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes 1997 abgeschafft wurde, führte Frankreich sie erst 1982 ein. Die maximale Besteuerung auf private Vermögen liegt aber auch im Nachbarland mit maximal 1,8 Prozent nicht sehr hoch und kann je nach Steuerabgaben im Einkommensbereich auch nach unten korrigiert werden.
Als Wahlgeschenk für die französische Bourgeoisie führte Präsident Nicolas Sarkozy schon 2007 mehrere Erleichterungen bei der Erbschaftssteuer ein. Zudem unkt die linke Presse in Frankreich, dass die Reichen mit ihren Geschenken ihre »goldenen Jahre« unter dem »Präsidenten der Reichen«, Sarkozy, vergessen machen wollen. Immerhin hat der Wahlkampf schon so gut wie begonnen.
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