»Goldene Regel« in Rom und Madrid
Spaniens Parlament und Italiens Regierung für Schuldenbremse in der Verfassung
Berlin (Agenturen/ND). Am Mittwochabend hatte die Regierung Italiens ein zweites Sparpaket von geschätzten 54,2 Milliarden Euro per Vertrauensabstimmung im Eiltempo durch den Senat gebracht. In den nächsten Tagen hofft die Regierung auch auf Zustimmung bei der entscheidenden Abstimmung in der Abgeordnetenkammer. Zusammen mit dem ersten Paket vom Juli will Rom insgesamt mehr als 100 Milliarden Euro einsparen. Italien, dessen Staatsverschuldung im Juni auf 1,9 Billionen Euro stieg, will so schon 2013 einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.
Das in den vergangenen zehn Tagen mehrfach abgeänderte Maßnahmenbündel sieht unter anderem eine Steigerung der Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent sowie eine Reichensteuer vor. Bis zum Erreichen eines ausgeglichenen Etats soll eine Sonderabgabe von drei Prozent zahlen, wer mehr als 300 000 Euro im Jahr verdient. Zugleich will man das Rentenalter für Frauen im Privatsektor bereits ab 2014 und nicht erst ab 2016 auf 65 Jahre anheben und damit an das Rentenalter der Männer angleichen.
Italien war in der vergangenen Woche wieder erheblich unter Druck geraten. Die Zinskluft zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen stieg erneut rapide. Die EZB hatte Rom ermahnt, schnell ausreichende Maßnahmen zu verabschieden und sich nicht auf den EU-Hilfen bei den Staatsanleihen auszuruhen.
Auch das Euro-Sorgenland Spanien folgte dem Beispiel Deutschlands und setzt auf eine Schuldenbremse. Nach dem Unterhaus stimmte am Mittwoch auch der Senat (Oberhaus) der Reform zu. Von den insgesamt 261 Senatoren votierten 233 Parlamentarier der regierenden Sozialisten (PSOE) und der konservativen Volkspartei (PP) dafür, drei waren dagegen. Die Abgeordneten mehrerer kleinerer Parteien verließen aus Protest den Plenarsaal und boykottierten die Abstimmung. Die Reform ist die erste substanzielle Änderung der spanischen Verfassung von 1978.
Die Gegner der Verfassungsreform haben allerdings noch eine kleine Chance, das Vorhaben zu blockieren. Wenn sie innerhalb von zwei Wochen wenigstens zehn Prozent der Abgeordneten in einem der beiden Häuser dafür gewinnen, die Abhaltung eines Referendums zu verlangen, muss eine Volksabstimmung über die Schuldenbremse entscheiden.
Die PSOE und die PP wollen mit der Reform dazu beitragen, die Finanzmärkte zu beruhigen und die Schuldenkrise zu überwinden. Es gelang ihnen aber nicht, andere Parteien für die Verfassungsreform zu gewinnen. Die Nationalisten aus Katalonien (CiU) und dem Baskenland (PNV) sind dagegen, weil sie in der Reform einen Eingriff in die Autonomie ihrer Regionen sehen. Die Schuldenbremse soll nämlich nicht nur für den Madrider Zentralstaat gelten, sondern auch für die Verwaltungen der Regionen und der Kommunen.
Die Gewerkschaften und die Linke lehnten die Reform ebenfalls ab. Nach ihrer Ansicht sollten die Spanier in einem Referendum darüber abstimmen. Sie befürchten zudem, dass die Schuldenbremse Einschnitte in der Sozialpolitik zur Folge haben wird. Am Vorabend der Abstimmung im Senat hatten Tausende Spanier gegen das Vorhaben protestiert.
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