Verkauf von Blohm + Voss ungewiss

ThyssenKrupp hat »erhebliche Zweifel« am Angebot der Bremer Lürssen-Werft

  • Hermannus Pfeiffer, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Der mögliche Kauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss durch das Bremer Familienunternehmen Lürssen sorgte für Aufsehen. Bei Edeljachten ist Lürssen schon länger Nummer eins. Doch nach einer Prüfung des Angebots macht ThyssenKrupp als Eigentümer der der Hamburger Werft vorerst einen Rückzieher.

Der Vorstoß kam überraschend. Die Bremer Familienunternehmen Lürssen will den Hamburger Traditionsschiffbauer Blohm + Voss übernehmen. »Gemeinsam können wir so die Gesamtkompetenz des deutschen Überwasser-Marineschiffbaus hier im Norden konzentrieren«, so Geschäftsführer Friedrich Lürßen. Mit der Übernahme wolle man »Augenhöhe in Europa« schaffen und hochwertige Arbeitsplätze in Deutschland erhalten. ThyssenKrupp äußerte allerdings »erhebliche Zweifel«. In der vorgelegten Offerte fehlten »die üblichen wirtschaftlichen Details« hieß es beim Stahlkonzern. Nach einer genauen Prüfung erachtet der Vorstandschef von ThyssenKrupp Marine Systems, Hans Christoph Atzpodien, das Angebot für lückenhaft. »Auf dieser Basis ist das alles nicht debattierbar.«

ThyssenKrupp ist derzeit noch Eigentümer der 1877 gegründete Werft Blohm + Voss, will sich aber aus dem Schiffbau weitgehend zurückziehen. Der Düsseldorfer Industriekonzern verhandelt angeblich seit einigen Wochen mit einem britischen Finanzinvestor über einen Teilverkauf. Auch das Angebot von Lürssen beziehe sich nach Angaben von Atzpodien nur auf Teile von Blohm + Voss. »Das machen wir nicht mit«, sagte Atzpodien.

Dabei würde für Branchenbeobachter eine norddeutsche Lösung jedoch passen. Lürssen arbeitet seit Langem mit Blohm+Voss beim Bau von Fregatten und Korvetten für die Bundeswehr zusammen. Bei Megajachten sind die beiden Unternehmen dagegen ungleiche Konkurrenten. Seit Längerem hat der 1875 gegründete Betrieb der Familie Lürßen die letzte verbliebene Großwerft aus Hamburg in der Gunst der Kunden abgehängt. Branchenintern gilt Lürssen neben dem Kreuzfahrtschiffbauer Meyer in Papenburg als entrückte Nummer eins – in Fertigungstechnik, Schiffstechnologie und bei den Gewinnen. Neben lukrativen Militäraufträgen auch aus dem diktatorischen Sultanat Brunei lassen die bis über 150 langen Mega-Jachten viel Geld in die Bremer Kassen fließen. Als Faustregel gilt, dass jeder Schiffsmeter rund eine Million Euro plus X kostet. Insgesamt beschäftigt Lürssen etwa 1500 Mitarbeiter – und damit kaum weniger als Blohm +Voss.

Durch die Übernahme wolle Lürssen die Standorte stärken und sich im internationalen Wettbewerb erfolgreicher aufstellen, hatte die Bremer Werft am Donnerstag mitgeteilt. Lürssen hat allerdings in der Vergangenheit bei Übernahmen in Deutschland und den USA gezeigt, dass es dem Vorstand nicht allein um das Ausschalten eines Konkurrenten geht, sondern auch um nachhaltige Nutzung der neuen Standorte.

Die IG Metall zeigte sich vorsichtig optimistisch, lobte Lürssen als »tarifgebundenes, solides Familienunternehmen« – ohne allerdings das genaue Konzept zu kennen. Dagegen sprechen sich die Betriebsräte von Blohm + Voss klar gegen einen Verkauf an die Lürssen-Werft aus. »Wir sehen das sogenannte Angebot als eine Verhöhnung von Belegschaft und Konzern«, heißt es in einem Flugblatt der Betriebsräte, das am Freitag verteilt wurde. Es sei Bedingung von Lürssen, dass hunderte Stellen in Hamburg und Kiel abgebaut werden müssten. Dabei seien der Standort Emden und das Reparaturgeschäft noch nicht berücksichtigt, hieß es. Blohm + Voss werde bei dem Lürssen-Angebot draufzahlen, warnten die Betriebsräte.

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