Signale der Ansteckung
Euroland könnte die Schwellenländer mit in die Krise reißen
Deren Antwort: ja, über den Umweg internationaler Finanzinstitutionen. Deutlicher wurde die Runde aus allen Ecken der Welt nicht. Doch eine klare Botschaft an die Adresse der Reichen – vor allem in der taumelnden Eurozone – hatten die BRICS und die G24-Ländergruppe, in der arme und aufstrebende Staaten ihre Stimme bündeln: Reißt uns nicht unverschuldet in den Strudel; schaut endlich, dass ihr die Krise entschlossen anpackt.
Zu den obersten Mahnern zählt Weltbank-Präsident Zoellick. »Bis vor Kurzem waren die Entwicklungsländer noch das Erfreulichste an der Weltwirtschaft«, konstatiert der US-Amerikaner. Inzwischen seien aber schon »Signale der Ansteckung« auszumachen, erkennbar in den Zuckungen der Anleihe- und Aktienmärkten. Fallende Exporte bereiteten bereits Sorgen. Schmieren die Märkte weiter ab, trübt sich das Vertrauen weiter ein, könnten Investitionen einen Dämpfer bekommen, während Verbraucher ihre Brieftaschen nur noch zögernd öffnen.
Zudem ist die Lage der Länder im Vergleich zur vorangegangenen Krise nicht mehr so günstig. Um ihre Staatsfinanzen ist es schlechter bestellt, somit können sie sich nicht mehr einfach aus dem Schlamassel herauskaufen, meint Zoellick. Damit nicht genug: Gerade die ärmsten Länder leiden weiter unter hohen Nahrungsmittelpreisen.
Ungemach droht Entwicklungs- und Schwellenländern aber auch an einer anderen Stelle, die direkt mit den Leiden des Finanzsektors im Westen zu tun hat: Eine Menge Banken ziehen sich aus der Finanzierung von Entwicklungsprojekten zurück, weiß Lars Thunell, Chef der International Finance Corporation, des Investmentarms der Weltbank. Der Grund: »Vielerorts fehlt den Banken Kapital, vor allem in Europa.« Auch wegen schärferer Anforderungen an die Kapitalausstattung verkauften einige Banken ihre Geschäftsbereiche, die sich um diese Finanzierungen kümmern. »Das bereitet mir große Sorge«, sagt der Schwede. Als Folge könne Geld für Infrastrukturprojekte fehlen. Wollen die Aufsteiger aber weiter wachsen, »brauchen sie Infrastruktur«. Wodurch jedoch internationale Finanzinstitutionen wie die IFC mehr zu tun hätten, die diese Lücke füllen.
Der Kampf gegen die Armut wird durch die Turbulenzen »nur noch schwerer«, räumt Weltbank-Chef Zoellick ein. Kein kriegstraumatisiertes Land habe ein einziges UN-Millenniumsziel erreicht. »Wir erleben einen Rückschlag inmitten des negativen Bereichs.« Durch die Krise schickten Arbeiter aus armen Ländern weniger Geld nach Hause, fließen Hilfsgelder reicher Länder spärlicher. »Aus der Eurozone höre ich Stimmen, die sagen, dass ist ein Problem der Europäer. Aber das Problem betrifft uns alle«
G20-Erklärung
Die Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenstaaten wollen gemeinsam die Weltwirtschaft stabilisieren. »Wir verpflichten uns zu einer starken und koordinierten Antwort auf die neuen Herausforderungen«, heißt es in einem am Freitag vor Beginn der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington veröffentlichten Erklärung. Die Zentralbanken seien bereit, die Banken mit der notwendigen Liquidität zu versorgen, hieß es weiter. Banken in den USA und in Europa geraten durch die Schuldenkrise immer stärker unter Druck. Die Eurozone verpflichte sich, die Feuerkraft des Rettungsfonds EFSF, die Flexibilität und die Wirkungskraft zu verbessern, wird in der G20-Erklärung mitgeteilt. dpa/ND
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.