Arbeitgeber darf die Einsichtnahme nicht ablehnen, aber nach dem Grund fragen

Leserfrage zur Personalakte

  • Lesedauer: 3 Min.

Seit Beendigung meiner Tätigkeit bewerbe ich mich ständig in verschiedenen Firmen und bekomme nach einiger Zeit immer Absagen. Ich vermute, dass in der Personalakte meines früheren Betriebes unwahre Sachen stehen. Die Einsicht in die Personalakte wird mir verweigert, weil das Arbeitsverhältnis beendet ist. Ist das richtig?
Hannelore H., Berlin

Ablehnungsgründe auf Bewerbungen können sehr verschiedenartig sein. Dass es an früheren Personalunterlagen liegt, ist kaum anzunehmen. Der frühere Arbeitgeber ist jedenfalls nicht berechtigt, eine Personalakte an einen Dritten weiterzugeben oder ihm Einsicht zu gewähren. Das gilt auch bei direkten Anfragen eines neuen Arbeitgebers und betrifft auch Einzelanfragen aus der Personalakte.

Es gibt zwar keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über den Inhalt und Umgang mit Personalakten und damit auch nicht über deren Vertraulichkeit. Gleichwohl bestehen durch ständige Rechtsprechung, Datenschutzbestimmungen und allgemeine Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer gefestigte Grundsätze.

Dazu gehört, dass die Personalakte ein vertrauliches Dokument ist. Der Arbeitgeber hat sie vor dem Zugriff Dritter zu bewahren. Zudem hat er eine Verwahrungspflicht, woraus sich ergibt, dass die Personalakte zumindest für die Dauer von Ausschluss- und Verjährungsfristen aufzubewahren ist (regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB drei Jahre).

Im Hinblick auf das Einsichtsrecht in die Akte gibt es eine eindeutige gesetzliche Regelung im § 83 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Hiernach kann ein Arbeitnehmer jederzeit Einsicht in die Personalakte nehmen. Er muss hierfür keinen besonderen Grund oder Anlass haben.

Dennoch wäre es widersinnig und rechtsmissbräuchlich, wenn sehr wissbegierige Beschäftigte ständig ihre Akte sehen wollen, Betriebe wüssten sich dagegen schon zu wehren. Der Arbeitnehmer muss dem Personalmitarbeiter keinen besonderen Grund nennen, um die Akte einzusehen.

Immer wieder tritt die Frage auf, ob das allgemeine Recht zur Einsichtnahme auch noch gilt, wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist. Dazu hat die Rechtsprechung sichere Grundsätze entwickelt. So besteht das jederzeitige Einsichtsrecht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ist dies beendet und der nicht mehr Beschäftigte möchte dennoch die Akte einsehen, muss er ein konkretes Interesse nachweisen.

Der Arbeitgeber darf die Einsichtnahme nicht ablehnen, nur weil das Arbeitsverhältnis beendet ist. Der Arbeitgeber ist aber berechtigt, nach dem Grund der verlangten Einsichtnahme zu fragen.

So klagte ein Arbeitnehmer mit Erfolg die Einsichtnahme ein, die ihm wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verwehrt wurde. Er begründete dies damit, dass Widersprüche zwischen seinem Arbeitszeugnis und Eintragungen in der Personalakte vermutet werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab ihm Recht, weil es ein konkretes Interesse ist, wenn, wie in dieser ND-Leserfrage, der Wahrheitsgehalt der Personalakte angezweifelt wird (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 2010, Az. 9 AZR 593/09). Dieses Interesse, so führte das BAG ausdrücklich aus, bestehe auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch weiter.

Prof. Dr. JOACHIM MICHAS

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