Militärische Demonstration vor Gericht
Klagen gegen Tiefflüge beim G8-Gipfel
Schwerin (dpa/ND). Der Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen am Rande des G8-Gipfels in Heiligendamm sorgte vor vier Jahren für großen Streit. Drei Gegner des damaligen Treffens der Staats- und Regierungschefs an der Ostsee verklagten die Rostocker Polizei beim Verwaltungsgericht Schwerin. In der mündlichen Verhandlung am Donnerstag äußerte das Gericht jedoch Zweifel an der Zulässigkeit der Klagen. Eine Identifizierung der Gipfelgegner sei auf den gemachten Aufnahmen nicht möglich, stellte der Vorsitzende Richter Michael Skeries fest. Es stelle sich darum die Frage, ob tatsächlich in Grundrechte der Bewohner eines Camps von Demonstranten eingegriffen worden sei. »Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir keine Grundrechtsverletzung feststellen können, wäre der Fall erledigt«, meinte Skeries.
Der Rechtsanwalt der Kläger – zwei Grünen-Politiker und ein weiterer G8-Gegner – hob die Schockwirkung des Tiefflugs auf die Bewohner des Zeltlagers hervor. Es habe sich um eine militärische Machtdemonstration gehandelt. »Kriegswaffen« hätten die G8-Gegner in einer Höhe von weniger als 150 Metern überflogen. Die Demonstranten hätten sich Sorgen gemacht, dass nun mit anderen Mitteln gegen sie vorgegangen werden sollte. Es sei der Eindruck entstanden: »Mir wird gezeigt, wer der Herr im Hause ist und wo der Hammer hängt«, sagte Rechtsanwalt Sönke Hilbrans.
Ein Vertreter des Polizeipräsidiums Rostock räumte ein: »Wir verkennen nicht, dass der Lärm bei Unterschreitung der Mindestflughöhe unangenehm war.« Die Polizei sei damals aber davon ausgegangen, dass nicht alle Aktionen der Gipfelkritiker friedlich verlaufen würden. Da die Polizei selbst über keine entsprechende Technik verfügte, sei das Aufklärungsgeschwader »Immelmann« in Jagel (Schleswig-Holstein) um die Flüge gebeten worden. Es habe insgesamt sechs Einsätze mit sogenannten Recce-Tornados gegeben.
Nach Einschätzung des Gerichts ist auch fraglich, ob es sich bei dem Zeltlager der G8-Gegner über-haupt um eine durch Versammlungsrecht und Grundgesetz geschützte Kundgebung handelte. In einem ähnlichen Fall habe dies der Verwaltungsgerichtshof Mannheim verneint. Die Entscheidung des Gerichts soll den Prozessbeteiligten schriftlich zugestellt werden, vermutlich in einigen Wochen.
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