Ein fast freiwilliger Abgang

Baden-Württembergs Landtagspräsident tritt zurück / Grün-Rot gegen Geheimgremium für schnelle Deals

  • Gesa von Leesen, Stuttgart
  • Lesedauer: 2 Min.
Der baden-württembergische Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) hat gestern sein Amt niedergelegt. Damit zog er die Konsequenz aus einem Urteil, wonach er im vorigen Jahr als Finanzminister der alten Mappus-Regierung die Verfassung gebrochen hat.

Willi Stächele (CDU), bis gestern Landtagspräsident in Baden-Württemberg, hatte im Dezember 2010 per Notverordnung fünf Milliarden Euro für den Ankauf von EnBW-Aktien freigegeben, ohne den Landtag zu informieren oder gar zu fragen. Unmittelbar nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes am vergangenen Donnerstag, das dieses Vorgehen als Verfassungsbruch wertete, hatte Stächele nur »Respekt« vor dem klaren Spruch ausgedrückt. Von Rücktritt war keine Rede. Doch Grüne und SPD machten Druck und wollten ihm in der gestrigen Landtagssitzung das Misstrauen aussprechen. Dem kam Stächele nun zuvor. Er betonte, er habe »in keiner Sekunde die Verfassung brechen« wollen.

Quer durch die Fraktionen wurde das mit Applaus quittiert, von den CDU- und - nach einigem Zögern - auch von den FDP-Abgeordneten sogar stehend. So weit gingen Grüne und SPD nicht, aber auch ihre Redner lobten den 59-Jährigen für seine Konsequenz. Vize-Landtagspräsidenten Brigitte Lösch (Grüne) bescheinigte ihrem Kollegen, er habe in seinen 154 Amtstagen »frischen Wind« in den Landtag gebracht. Worin der bestand, bleibt dem Uneingeweihten allerdings rätselhaft.

In der Debatte zum EnBW-Urteil forderten SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel (SPD) und Grünen-Vorsitzende Edith Sitzmann CDU-Fraktionschef Peter Hauk auf, endlich den Fehler einzugestehen. »Sonst hängt Ihnen die Missachtung der Verfassung wie Fußpilz an«, so Schmiedel. Vergebens. Begriffe wie »Verfassungsbruch« oder »Fehler« kamen nicht über Hauks Lippen. Für ihn ist das Urteil die »Klärung einer Konfliktlage«. Für die Zukunft solle die grün-rote Landesregierung ein parlamentarisches Geheimgremium schaffen, um ähnliche Deals rechtssicher abwickeln zu können, forderten Hauk und FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke.

Das lehnte Finanzminister Niels Schmid (SPD) ab. Man habe genügend Gremien und Ausschüsse für derartige Fragen. Zudem habe es ja gar keinen Grund gegeben, den EnBW-Deal hinter verschlossenen Türen durchzuziehen. Das sei eher eine Charakterfrage des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) gewesen. Schmid: »Immer mit dem Kopf durch die Wand.«

Stächeles Nachfolger soll in der heutigen Landtagssitzung gewählt werden. Als stärkste Fraktion hat die CDU das Vorschlagsrecht. Sie hat sich auf den 60 Jahre alten Landtagsabgeordneten und Tuttlinger Landrat Guido Wolf geeinigt, der sich intern gegen Ex-Finanzminister Gerhard Stratthaus und Ex-Sozialministerin Monika Stolz durchsetzen konnte.

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