Hollande gegen Sarkozy

Frankreichs Sozialisten wollen geschlossen hinter ihrem Präsidentschaftskandidaten stehen

  • Ralf Klingsieck Paris
  • Lesedauer: 4 Min.
Beim zweiten Wahlgang der Urabstimmung der französischen Sozialisten über ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2012 hat sich am Sonntag erwartungsgemäß François Hollande gegen Martine Aubry durchgesetzt. Nach seiner Wahl bei der erstmals organisierten Kandidatenkür der Parti Socialiste rief er die PS noch am Sonntagabend zur Geschlossenheit auf.

Für den langjährigen früheren Parteichef Hollande wurden am Sonntagabend 56,6 Prozent der Stimmen errechnet, für die Bürgermeisterin von Lille und bisherige PS-Parteivorsitzende Aubry 43,4 Prozent. Nachdem eine Woche zuvor rund 2,5 Millionen Mitglieder und Sympathisanten der Sozialistischen Partei eine erste Auswahl unter den sechs Anwärtern getroffen hatten, votierten bei der Stichwahl zwischen den beiden Bestplatzierten sogar mehr als 2,8 Millionen. Diese massive Beteiligung werteten Hollande und Aubry gemeinsam als Ausdruck eines breiten Willens in der Bevölkerung, der unsozialen und undemokratischen Politik von Präsident Nicolas Sarkozy und seiner Rechtsregierung ein Ende zu machen, indem er 2012 im Elysée und seine Mehrheit in der Nationalversammlung durch die Linke abgelöst werden. Martine Aubry und alle prominenten PS-Politiker sicherten Hollande jetzt ihre eigene Unterstützung und die der ganzen Partei zu.

Der Ausgang der Urabstimmung war praktisch vorbestimmt, als vor Tagen zunächst die am 9. Oktober unterlegenen Anwärter Manuel Valls, Jean-Michel Baylet und Ségolène Royal zur Unterstützung von Hollande aufgerufen hatten und Arnaud Montebourg für seine Anhänger zwar keine Wahlempfehlung abgab, aber erklärte, er persönlich werde auch für ihn stimmen. Die Positionen von Hollande und Aubry seien zwar fast identisch, aber er entscheide sich für denjenigen, der die besten Aussichten hat, zunächst alle Sozialisten und dann möglichst viele der anderen Linken hinter sich zu sammeln und Sarkozy zu stürzen.

Zuvor hatte Montebourg beide noch in einem offenen Brief aufgefordert, seine Hauptforderungen nach einer »Re-Globalisierung«, nach einem sozialen und ökologischen Protektionismus der EU und nach einer VI. Republik für Frankreich zu übernehmen. Davon wollte er seine Wahlempfehlung abhängig machen. Doch darauf gingen Hollande und Aubry in ihrer letzten Fernsehdebatte am vergangenen Mittwoch kaum ein. Das angekündigte Votum von Montebourg für Hollande haben viele seiner Anhänger, die wie er eine Rückbesinnung der Sozialistischen Partei auf die wahren linken Werte und Ideale fordern, als Verrat verurteilt und aus Protest lieber für Aubry gestimmt.

Diese Differenzen waren dann auch der einzige Ansatzpunkt für die Polemik der Politiker der rechten Regierungspartei UMP, die auf einen »Bruderkampf« innerhalb der PS-Führung gehofft hatten und durch die besonnene Kampagne vor der Urabstimmung, den maßvollen Ton bei den Fernsehdebatten unter den sechs Anwärtern und die massive Beteiligung an der Abstimmung enttäuscht wurden.

Stattdessen ist in der UMP selbst eine scharfe Auseinandersetzung über das Prinzip der Urabstimmung ausgebrochen, das zwar von UMP-Generalsekretär Jean-François Copé öffentlich verhöhnt, aber von immer mehr Politikern und Abgeordneten seiner eigenen Partei als durchaus sinnvoll und legitim auch für die Rechte angesehen wird. Daran konnte selbst Präsident Nicolas Sarkozy nichts ändern, der öffentlich gar die Verfassungskonformität der Urabstimmung in Zweifel gezogen und erklärt hat, »General de Gaulle wollte eine Präsidentschaftswahl mit zwei und nicht mit vier Wahlgängen«.

UMP-Generalsekretär Jean-François Copé möchte jetzt »das Blatt der Urabstimmung der Sozialisten umblättern, das die Medien über Wochen übermäßig ausgefüllt hat«. Dabei setzt er darauf, dass gemäß dem Gesetz über die politische Ausgewogenheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen nun die Rechte viele Stunden Sendezeit zur Verfügung hat, um den Vorsprung der Linken aufzuholen und ihre eigenen Positionen zu verbreiten.


Zur Person

Der langjährige sozialistische Parteivorsitzende François Hollande (1997-2008) wurde am 12. August 1954 in Rouen/Normandie geboren. Der Arztsohn studierte Jura und Politikwissenschaften. Anschließend absolvierte er die Elite-Hochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA). Nach dem ENA-Abschluss 1980 war er zunächst am Rechnungshof tätig. 1979 trat Hollande in die Sozialistische Partei ein, schloss sich aber im Richtungsstreit keinem der Flügel an. Im Kampf um ein Mandat für die Nationalversammlung unterlag er 1981 dem späteren Präsidenten Jacques Chirac in dessen Heimat-Département Corrèze. Später konnte er es mehrmals gewinnen. Privat lebte François Hollande lange mit Ségolène Royal zusammen, die in der ersten Vorwahlrunde abgeschlagen mit sieben Prozent ausschied. Die beiden haben vier gemeinsame Kinder. Seine Ex-Partnerin fand zuletzt keine besonders positiven Worte mehr über den 57-Jährigen.
(dpa/nd)

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