Kassensturz in Lüneburg

Die EU kürzt Förderung für deutsche Regionen

  • Jan-Henrik Petermann, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Als einzige westdeutsche Region bekommt der frühere Bezirk Lüneburg noch die Höchstförderung der EU. Damit soll bald Schluss sein. Auch die Ostländer werden beim geplanten Umbau der Strukturfonds niedriger eingestuft. Einen »Strukturbruch« fürchtet die Wirtschaft aber nicht.

Hannover/Brüssel. Die Förderung benachteiligter Regionen gehört zu den ältesten, größten und umkämpftesten Ausgabenposten der EU. Für die deutschen Empfänger dürfte es künftig jedoch weniger Geld aus den Brüsseler Töpfen geben. Bisher hatten die Gegend um Lüneburg mit dem wirtschaftsschwachen Wendland und viele ostdeutsche Kreise Anspruch auf Höchstsätze der Struktur- und Kohäsionspolitik.

Die nach zähem Ringen vorgelegten Vorschläge der Kommission zur Neuausrichtung der Milliardenzuschüsse sehen nun aber Einschnitte vor. Zugleich will die EU-Behörde stärker mitreden - auch und vor allem in Griechenland.

Nicht mehr Ziel-1-Gebiet

Bei der sogenannten Kohäsionspolitik fließt Geld in ärmere Regionen und Länder. Dafür will die EU-Kommission von 2014 bis 2020 rund 376 Milliarden Euro einplanen. Kommt die reformierte Beihilfepolitik durch, verlören die einzige Westregion mit Top-Förderstatus und die meisten Landkreise im Osten ihren Status als Ziel-1-Gebiet. Als »Übergangsregionen« mit einem Pro-Kopf-Einkommen von weniger als 82,19 statt der bisher nötigen 75 Prozent des EU-Durchschnitts könnten sie nicht mehr so viele Mittel einstreichen.

Die Wirtschaft hat Verständnis dafür, dass ein Teil der Gelder in die abgeschlagene Infrastruktur osteuropäischer Neumitglieder wie Rumänien oder Bulgarien fließen und die Gesamtförderung effektiver werden muss. »Eine Verteilung mit der Gießkanne wird es wohl nicht mehr geben«, glaubt Ruth Neumann aus dem Brüsseler Büro des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Die genaue Ausstattung sei noch unklar. Absehbar ist aus Sicht der Expertin immerhin bereits, dass einige Regionen zwei Drittel ihrer Zuschüsse behalten dürfen. »Wir unterstützen die Kommission im Anliegen, die Förderpolitik strategischer auszurichten«, sagt Neumann. Positiv sei etwa - trotz aller Kürzungen in der Summe -, dass die Zahl der geeigneten Projekte »eingedampft« und entlang schärferer Kriterien nach elf Prioritäten bestimmt werden soll. »Bisher war das offener gestaltet.« Zielquoten stellen fortan sicher, dass zum Beispiel je 30 Prozent des Geldes in innovative Vorhaben sowie in kleine und mittlere Firmen fließen.

Auch angesichts der immer bedrohlicheren EU-Schuldenkrise steht der DIHK hinter den Vorschlägen für klarere Förderbedingungen. »Die Kommission will künftig Planung und Umsetzung stärker überwachen - mit der Konsequenz, dass sie auch Mittel aussetzen kann«, sagt Neumann. »Die Staaten und ihre regionalen Gebietskörperschaften müssen sich unter Umständen auf mehr Prüfungen einstellen.«

Der Deutsche Städtetag blickt mit gemischten Gefühlen auf die kommenden Abstriche. Ostdeutschland sei dabei ein wenig Opfer seines eigenen Erfolgs, sagt Hauptgeschäftsführer Stephan Articus: »Weite Teile der ostdeutschen Länder sollen nach den jetzt vorliegenden Vorschlägen der EU-Kommission aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung aus der Ziel-1-Förderung der Strukturfonds fallen.«

Für Ost-Kommunen sei es aber wichtig, dass die Veränderung abgefedert wird, damit das Aufholen mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall weiter gelingen kann: »Das soll durch Mittel für Übergangsregionen geschehen, die stärker als Ziel-2-Regionen gefördert werden.«

Halbierte Zuschüsse

Der im Westen von den Kürzungen besonders betroffene Kreis Lüneburg sieht die Lage gelassen. »Wir freuen uns, dass der Ex-Bezirk Lüneburg Übergangsregion wird«, sagt Sprecherin Katrin Peters. Die Rede sei von 500 bis 600 Millionen Euro in der neuen Förderperiode 2014-2020. Indes entspricht das beinahe einer Halbierung der Mittel, welche die Region im Vergleich zu den Jahren 2007 bis 2013 aus dem Europäischen Regional- und Europäischen Sozialfonds bekommen habe, stellt das Büro von Landrat Manfred Nahrstedt (SPD) klar.

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