Blackout in der Hotelbar
Der Mainzer OB gerät immer mehr unter Druck
Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel gerät immer mehr unter Druck. Im laufenden Untreue-Prozess gegen den früheren Geschäftsführer der stadtnahen Wohnbau Mainz GmbH, Rainer Laub, hat sich Beutel auf Erinnerungslücken berufen, jetzt wird die Kritik am Mainzer Stadtoberhaupt im Zusammenhang mit einer Reise ins rheinland-pfälzische Partnerland Ruanda immer lauter. Beutel soll eine Rechnung an der Hotelbar in Ruandas Hauptstadt Kigali nicht bezahlt haben - stattdessen soll Innenminister Roger Lewentz (SPD) eingesprungen sein.
Der Urlaub am Tegernsee
Zunächst hatte Beutel auch in dieser Sache erklärt, er könne sich an den Vorgang - er lag zehn Tage zurück - nicht mehr erinnern. Später räumte er ein, er habe die Rechnung »aus Versehen« nicht bezahlt. Auch wenn der Vorgang im fernen Ruanda eher als Lappalie erscheint, so sind sich Weggenossen und politische Gegner Beutels einig, dass die Angelegenheit doch in eine ganze Reihe von umstrittenen Begebenheiten passt.
Erinnert wird in diesem Zusammenhang an zwei Hotelaufenthalte der Ehepaare Beutel und Laub am Tegernsee im Mai 2005 und zum Jahreswechsel 2007/2008, die der Geschäftsführer Laub größtenteils auf Kosten der Wohnbau GmbH bezahlt haben soll. In der CDU wird inzwischen gespottet, der stellvertretende Kreisvorsitzende Nils-Oliver Freimuth forderte ein »Notopfer Beutel«: Auf den Verkauf von Zugplakettchen für die kommende Fastnachtskampagne in Mainz sollten ein oder zwei Cent aufgeschlagen werden, um offene Rechnungen des Oberbürgermeisters zu bezahlen. Die Angelegenheit sei eine »erneute Peinlichkeit für die Landeshauptstadt«, so Freimuth. Der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner meinte, noch schlimmer als der Vorfall mit der nicht bezahlten Rechnung sei, dass sich Beutel »an wichtige Sachverhalte aus seiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau nicht erinnern kann«. Vor der 4. Strafkammer in Koblenz wurde unter anderem der Ausbau der Haupttribüne des Fußballstadions am Mainzer Bruchweg inklusive einer VIP-Tribüne erörtert. Laut Anklage hatte der ehemalige Geschäftsführer Laub veranlasst, dass die Wohnbau GmbH das 1,6 Millionen Euro teure Projekt für den Verein FSV Mainz 05 finanziert.
Nicht informiert
Beutel sagte als Zeuge aus, als damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau sei er über Einzelheiten des Geschäfts nicht informiert gewesen - und er sei es bis heute nicht. Von den Kosten habe er erst viel später erfahren, sagte Beutel. Er habe gedacht, es handele sich um eine Angelegenheit des operativen Tätigkeitsbereichs.
Auf Nachfrage räumte Beutel dann ein, Laub habe das Projekt im Aufsichtsrat zur Disposition gestellt. In Beutels Umgebung wird von einer Kampagne gegen den SPD-Politiker gesprochen. Seine Kritiker melden Zweifel an, ob der Oberbürgermeister seinen Aufsichtspflichten in ausreichender Weise nachgekommen ist.
Einer von neun
Der Ex-Geschäftsführer der Wohnbau Mainz GmbH hat Vorwürfe wegen Untreue weitgehend zurückgewiesen. Nur in einem von neun Fällen zeigte er sich bei Prozessbeginn in der vergangenen Woche vor dem Landgericht Koblenz geständig. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 64-Jährigen unter anderem vor, private Ausgaben zulasten des Unternehmens und einer weiteren von ihm geleiteten Gesellschaft abgerechnet zu haben. Dazu zählten zwei Reisen an den Tegernsee, was der Angeklagte zugab. (dpa/ND)
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.