Ein Bauzaun für die Vögel
Kuriose Sperre soll Tieren auf Rügen den Anblick von Baggern ersparen
Bergen/Berlin. Ein kilometerlanger Bretterzaun schlängelt sich über die Insel Rügen. Der Zaun entlang der neuen Bundesstraße 96 soll für die nächsten Jahre Wildvögel vor dem Anblick und dem Baulärm von Baggern und Baufahrzeugen schützen. Arbeiter stellen derzeit den zwei Meter hohen Zaun entlang der Bautrasse von Rambin in Richtung Rothenkirchen auf, damit Wildgänse und Kraniche nicht auf ihre angestammten Rastplätze verzichten müssen.
Der kurios anmutende Zaun wie auch mehrere aufgeschüttete Erdwälle auf dem zehn Kilometer langen Abschnitt zwischen Samtens und Altefähr wurden im Planfeststellungsbeschluss festgeschrieben. »Wir möchten verhindern, dass Vögel von den Arbeiten irritiert und davon abgehalten werden, in dem Gebiet zu rasten«, sagte Joachim Rascher von der Planungsgesellschaft Deges am Dienstag. Die mit dem Bauvorhaben beauftragte Deges achtet derzeit penibel auf die Einhaltung der in den Genehmigungen festgeschriebenen Umweltmaßnahmen für den insgesamt 20 Kilometer langen, dreispurigen Straßenbau. Hintergrund ist eine immer noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig anhängige Klage der Umweltverbände BUND und Nabu. Mit einer Entscheidung wird frühestens 2012 gerechnet.
»Der Zaun ist besser als nichts«, sagte Rügens Chefin des Umweltverbandes Nabu, Marlies Preller. Umweltschützer bezweifeln allerdings, dass sich mit dem Zaun die aus ihrer Sicht starken Beeinträchtigungen der Wildvögel vermeiden lassen. Sie fordern einen Stopp des Straßenbaus. »Mit jedem Bautag steigt das Risiko, dass der Bund Geld in den Sand setzt, weil er nach dem Gerichtsurteil die Straße zurückbauen muss.« Erst im Juni 2011 hatte mit mehrjähriger Verzögerung der Bau der bei Umweltschützern umstrittenen Straße begonnen. Die Umweltverbände hatten für Ortsumgehungen und den Ausbau der bestehenden Straße plädiert, auf der es derzeit regelmäßig zu kilometerlangen Staus kommt. Die Sinnhaftigkeit einer Straße, die mitten auf der Insel endet und den Verkehr auf die bestehenden überfüllten Straßen zu den Seebädern lenkt, zweifeln sie an.
Wegen der vielen Bedenken wurden zwischen 2005 und 2009 drei Nachanhörungen im Genehmigungsverfahren erforderlich. Mit dem Planfeststellungsbeschluss waren die Verbände dennoch nicht zufrieden. Sie reichten wegen der weiterhin »erheblichen Eingriffe« in die Natur Klage ein. Das 80 Millionen Euro teure Straßenprojekt zwischen neuer Rügenbrücke und der Inselhauptstadt Bergen soll Ende 2015 fertiggestellt sein.
Die Kosten für Zaun und Wälle bewegen sich im niedrigen sechsstelligen Bereich und seien im Vergleich zur Gesamtinvestitionssumme von 80 Millionen Euro »eher marginal«, sagte Deges-Projektleiter Rascher.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.