Rebellion der Goldesel
An der TU Chemnitz protestieren Studenten gegen überfüllte Räume und fehlendes Lehrpersonal
Zunächst klang die Ankündigung ganz im Sinne künftiger angehender Akademiker. Als das Rektorat der TU Chemnitz im Frühjahr entschied, die Zahl der durch Numerus clausus beschränkten Studiengänge zu reduzieren, warnten Vertreter der Studentenschaft aber zugleich, dass eine Öffnung der Universität nur mit einer entsprechenden Aufstockung an Lehrkapazitäten einhergehen könne. Doch nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Allein beim Studiengang Pädagogik haben sich rund 400 Studenten eingeschrieben, pro Jahrgang waren lediglich 90 Personen geplant .
Im Ergebnis trat das ein, was der studentische Senator Bernd Hahn befürchtete. »Das Problem ist schon seit Ewigkeiten bekannt. Man hätte schon viel früher reagieren müssen«, kritisiert Hahn die Universitätsleitung. Die Liste der Probleme ist lang: Es fehlt an Lehrpersonal, die Räume sind überfüllt, ganze Veranstaltungen fallen aus, weil die dafür benötigten Stellen nicht bewilligt worden sind. »Solche Verhältnisse sind untragbar«, erklärt Ulrike Roche, selbst Pädagogikstudentin im fünften Semester. Auch sie ist von den Problemen betroffen, da von ihr benötigte Kurse jetzt nicht stattfinden.
Rektorin hatte keine Zeit
Im schlimmsten Fall werden die Veranstaltungen erst im kommenden Semester angeboten, womit sich Roches Studium unnötig verlängern würde. Damit es nicht soweit kommt, haben die Pädagogen zum Protest aufgerufen. Am Mittwoch versammelten sich etwa 200 Betroffene vor dem Rektorat, um der Hochschulleitung ihre Probleme mitzuteilen. Doch die symbolische Überbringung eines Protestbriefes an die kommissarische Rektorin fiel aus, da sich Professorin Cornelia Zanger durch eine Mitarbeiterin entschuldigen ließ.
Nicht wenige Studenten vermuten dahinter Absicht und erheben den Vorwurf, dass das Rektorat die Probleme einfach aussitzen will. »Die uns im Sächsischen Hochschulgesetz beschriebene Freiheit des Studiums wird nicht gewährleistet«, heißt es im Protestbrief. Ganz neu ist diese prekäre Studiensituation an der TU nicht, denn schon 2007 hatte man die Pädagogik testweise für zulassungsfrei erklärt. Im Ergebnis immatrikulierten sich damals 480 Erstsemester. Monatelang war an einen regulären Lehrbetrieb nicht zu denken. »Nun scheint sich die Geschichte zu wiederholen«, befürchtet Hahn. Seiner Meinung nach darf das Problem nicht nur kurzfristig gelöst werden, vielmehr müssten dauerhaft mehr Mittel bereitgestellt werden.
Ausweitung angekündigt
Wie sehr sich die Situation mittlerweile zugespitzt hat, zeigt ein Blick in die Statistik. Im bundesweiten Durchschnitt kommen auf eine Lehrkraft 15 Studierende, bei den Chemnitzer Pädagogen muss ein Dozent fast vier Mal so viele betreuen. »Die Universität erhält für jeden Studierenden pro Semester mehrere tausend Euro. Doch diese Gelder kommen an den Stellen, wo sie dringend benötigt werden, nicht an. Wir sind mehr als nur Goldesel«, sagt Ulrike Roche. Der Protest vom Mittwoch sei deshalb nur ein erstes Aufbegehren gewesen, warnen die Studenten. Sollte das Rektorat nicht einlenken, werde man die Proteste ausweiten.
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