Sympathische Schleimer
GARTENTIERE: Nacktschnecken gehen würdevoll mit sich und der Pflanzenwelt um
Immer diese blöden Telefonumfragen. Aber etwas hat noch niemand gefragt: »Lieben Sie Nacktschnecken?« Mag sein, dass ich zu früh aufgelegt habe, vielleicht schien aber auch eine negative Antwort außer Frage. Sicher, die meisten Nacktschnecken sind ekelig und gefräßig, vor allem die vor einigen Jahren aus Südeuropa eingeschleppten rotbraunen. Aber man sollte sich vor Pauschalurteilen hüten. Mir sind die mit bis zu 15 cm Länge größten, meist hellgrau gefärbten und leopardenähnlich gefleckten sympathisch. Sie tragen den wohltönenden wissenschaftlichen Namen Limax maximus, im Volksmund heißen sie Große Egelschnecke oder kurz Schnegel.
Diese Schnecken bewegen sich stets würdevoll, und nie habe ich bemerkt, dass sie eine Pflanze anfraßen, obwohl die Literatur sie dessen bezichtigt. Vermutlich ernähren sie sich hauptsächlich von Algen. Sie fressen aber auch vergammelndes Obst, Brot und vieles anderes - sehr gerne auch die zarte Mitte von Gurkenscheiben, die ich ihnen oft zum Abendbrot anbot. Was sie im heimischen Versuch kaum anrührten, waren jedoch grüne Blätter.
Wenn es trocken, aber noch nicht zu trocken war, um auszugehen, wussten die Schnegel das Wasser in einem kleinen Trog zu finden. Auch wenn sie sich zu mehreren auftankten, hätte man mit Mikrofon und Verstärker weder Schlürfen noch Schlappen gehört. Kein Wunder, sie nehmen das Wasser durch die Haut auf.
Wie viele andere Schnecken sind Schnegel Zwitter, so dass ihnen manches menschliche Problem erspart bleibt. Auch als solche waren sie in ihrem Verhalten würdevoll - während man etwa bei Insekten immer wieder sieht, dass die Paarung eine Vergewaltigung ist. Bei meinen Egelschnecken ist eine sehr kurze Verlobungszeit üblich. Sie gleiten eine Weile Kopf an Schwanz umher, ehe sie sich aufhängen. Obwohl sie ziemlich gewichtig sind, hängen sie sich zur Paarung einvernehmlich an einem zähen Schleimfaden auf, worauf sie ihre erstaunlich langen Begattungsorgane umeinander schlingen.
Übrigens fand ich in der Literatur ohne Nennung einer speziellen Art die Angabe, dass man lange ehe nachwachsende Rohstoffe in aller Munde waren, mancherorts Nacktschnecken als Wagenschmiere benutzte.
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