Signale auf Konfrontation

Gipfel im Zeichen von Merkels und Sarkozys Plänen zur Änderung der EU-Verträge

  • Kay Wagner, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.
Wieder einmal ist es kein normaler EU-Gipfel in Brüssel. Wieder einmal ist der Euro daran schuld, und wieder einmal sind es die Bundeskanzlerin und Frankreichs Präsident, die bereits im Vorfeld die Richtung vorgaben: Änderung der EU-Verträge. Und wieder einmal treffen die Vorschläge von Merkel und Sarkozy nicht auf Gegenliebe bei allen Beteiligten.

Die Beiden haben das geahnt und schon mal vorformuliert: Wenn es mit allen 27 EU-Mitgliedsstaaten nicht zu machen ist, dann soll eine Einigung unter den 17 Euro-Ländern her. Und wenn das nicht geht, scheinen Berlin und Paris einen Alleingang nicht auszuschließen.

Dass eine Vertragsänderung auf dem Treffen beschlossen wird, ist unwahrscheinlich. Zwar hat die neue konservative spanische Regierung bereits verkündet, einer Änderung der Verträge zustimmen zu wollen. Auch Lettland lobt das deutsch-französische Krisenmanagement. Großbritannien dagegen wehrt sich wie erwartet gegen die von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy geschmiedeten Pläne. Und die Niederlande, so will es das EU-Internetportal EurActiv erfahren haben, stehen diesmal ebenfalls nicht an der Seite Deutschlands.

Auch Polen hat sich bereits gemeldet. Noch bis Ende des Monats hat das Land die EU-Ratspräsidentschaft inne. Schweigen will Warschau daher nicht. Es sei nicht an Deutschland und Frankreich, die Themen eines EU-Gipfels zu setzen, so lautet die leise Kritik. Dafür sei der Vorsitzende des Treffens verantwortlich, der ständige Ratspräsident der EU, Herman Van Rompuy. Durchaus mit dieser Kritik habe Polen, so Regierungssprecher Pawel Gras am Dienstag, einen Brief an alle Gipfelteilnehmer verfasst. Allerdinge werde in dem Schreiben auch eine Vertragsveränderung unterstützt.

Die EU-Kommission hält sich mit ihrer Meinung bedeckt und spielt den Diplomaten. Am Dienstag verwies eine Sprecherin lediglich auf all die Vorschläge, die die EU-Behörde selbst zur Bekämpfung der Euro-Krise gemacht habe und in denen nichts von einer Vertragsänderung zu finden ist. So stehen die Zeichen wohl auf Konfrontation. Verständlich, denn wenn die Euro-Staaten sich gleichsam selbst regieren sollten, was bei der Merkel-Sarkozy Idee droht, würde die Kommission nicht gebraucht. In ihren eigenen Plänen nimmt sie dagegen die Rolle des obersten Richters über die Finanz- und Wirtschaftsdisziplin der EU-Staaten ein.

Etwas anders äußerte sich jedoch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Er sei offen für die von Deutschland und Frankreich angestrebte Änderung der europäischen Verträge, sagte er gegenüber Journalisten. »Wenn die Mitgliedstaaten der Meinung sind, die Verträge sollten verändert werden, sodass unsere Verpflichtung zu Stabilität und Verantwortung auf eine höhere rechtliche Ebene gehoben wird, dann ist das ein gutes Signal.«

Und das Europäische Parlament? Es bleibt abermals bei allen Ideen außen vor. »Der Vorschlag zu einer Änderung der Verträge hat durchaus Chancen, eine Mehrheit im Rat zu bekommen«, wagt der Europaabgeordnete Helmut Scholz (LINKE) eine Einschätzung zum möglichen Ergebnis des EU-Gipfels. Das Parlament selbst werde einer Vertragsänderung aber sicher nur dann zustimmen, wenn die Revision tatsächlich alle 27 Mitgliedsstaaten und nicht nur die Euro-Gruppe betreffe. Diese kann eigene Beschlüsse, die nur für die Euro-Länder gelten, jedoch auch außerhalb der EU-Verträge fassen. Es würden dann zwei europäische Vereinigungen entstehen: die eine mit den gewohnten Einrichtungen Kommission, Parlament und Rat. Und die andere mit einer neuen Euro-Regierung, deren Regeln Merkel und Sarkozy schon einmal skizziert haben.

Der Fraktionschef der Sozialisten im EU-Parlament, Martin Schulz, hat indes vor überzogenen Hoffnungen auf einen neuen EU-Vertrag gewarnt. Nur ein Konvent, an dem Europaabgeordnete beteiligt werden müssten, könne einen solchen erarbeiten, sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Dies sei im EU-Gesetz so vorgesehen - es sei denn, das Europaparlament verzichte auf eine Teilnahme. »Das wird es aber nicht tun.«

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