Wulff kaum zu halten

Doch die Bundeskanzlerin bleibt unbeirrt und voller Vertrauen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.
Neue Details über die Nähe des Bundespräsidenten zu finanzkräftigen Gönnern werden bekannt. Doch noch sieht die Bundeskanzlerin keinen Grund, sich von Christian Wulff zu distanzieren.

Für Fragen an den Bundespräsidenten gelte, dass sie an den Bundespräsidenten zu richten seien. So reagierte Steffen Seibert, Sprecher der Bundesregierung, am Dienstag auf das Drängen der Journalisten, sich zu den Vorwürfen gegen Christian Wulff zu äußern. »Sie werden von ihm persönlich aufgeklärt«, versprach Seibert, der dem Staatsoberhaupt namens der Bundeskanzlerin erneut deren unvermindert »vollstes Vertrauen« aussprach.

Es ist seit Tagen Gegenstand der Kritik an Wulff, dass er eben das nicht tut. Dass er persönlich möglichst wenig aufklärt. Auch die am Dienstag enthüllte Entdeckung, sein Buch »Besser die Wahrheit« habe einst finanzkräftige Unterstützung des Finanzunternehmers Carsten Maschmeyer erfahren, ist zwar ein weiteres unappetitliches Detail der Einflussnahme von Wirtschaft auf die Politik, aber nicht direkt eine Sensation. Der Verlag Hoffmann und Campe sprach in einer Stellungnahme von einem in der Branche »üblichen und absolut normalen Vorgang«. Maschmeyer zahlte 42 731,71 Euro aus seinem Privatvermögen, heißt es.

Vorgelegt wurde das Interviewbuch über das Leben von Wulff im Landtagswahlkampf 2007 in Niedersachsen, die CDU soll tausende Exemplare gekauft und als Wahlwerbung verschenkt haben. Die Zeitungsanzeigen zur Werbung für das Buch zahlte Maschmeyer im Februar 2008 - kurz zuvor war Wulff zum Ministerpräsidenten wiedergewählt worden.

Wulff will von der Hilfe nichts gewusst haben - seine moralische Integrität nimmt durch diese Behauptung sicher mehr Schaden, als sie durch das Saubermann-Buch gewinnen konnte.

Doch abseits des sachlichen Kerns der Vorwürfe bleibt ihre hysterische Lautstärke befremdlich. Von einem »System Hannover«, einem Amigo-System, mit dem Wulff das Bundespräsidialamt umgebe, sprach am Dienstag etwa die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag Renate Künast. Die Gründe für die Erregung über Wulff rühren ja alle aus seiner Zeit als Ministerpräsident; für die politische Konkurrenz scheint damit festzustehen, dass sie damals weniger schwer wogen als heute. Dass sie erst heute ihre amtsenthebende Wirkung entfalten.

So ist es keine Neuigkeit, dass Wulff auf Kosten befreundeter Unternehmer in Urlaub fuhr - neu ist, dass er dies nach eigenen Angaben seit 2003 sechsmal tat. Außer der Familie Geerkens waren dabei der Hannoveraner Finanzunternehmer Wolf-Dieter Baumgartl und das Unternehmer-Ehepaar Angela Solaro und Volker Meyer Gastgeber.

Am Dienstag beschäftigte sich erneut der Landtag in Hannover mit dem 500 000-Euro-Hauskredit der Geerkens für Wulff - in Form seines Ältestenrates. Die Opposition argwöhnt einen Verstoß gegen das Ministergesetz und wollte die Aussagen des Bundespräsidenten auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Doch sie scheiterte mit ihrem Vorstoß an der Regierungsmehrheit in Hannover. Die Opposition habe den Ältestenrat »missbräuchlich benutzt«, um das höchste Staatsamt zu diskreditieren, gab sich die CDU empört. Die Linkspartei forderte darauf einen Untersuchungsausschuss.

In die Erregung über die Causa Wulff, aufrichtig oder gespielt, mischt sich im politischen Berlin die ernste Frage nach den Konsequenzen, die das Sägen am Stuhl des Präsidenten haben könnte. Und die, ob sich dabei bereits Fronten für die nächste Bundestagswahl bilden. So hält sich das Gerücht, Rot-Grün warte nur auf die Gelegenheit, erneut seinen Kandidaten von 2010 zu aktivieren - Joachim Gauck.

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