Mehr als nur Zeitvertreib

Grüne Damen leisten ehrenamtlich wichtige Hilfe für Krankenhauspatienten

  • Stephanie Kirchner, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Besonders um die Jahreswende ist ein Krankenhaus für viele Patienten ein einsamer Ort. Sogenannte Grüne Damen kümmern sich in der Mainzer Universitätsmedizin auch um Menschen, die sonst nicht viel Besuch bekommen.

Mainz. Dynamisch betritt die Frau mit den grauen kurzen Haaren ein Krankenzimmer in der urologischen Abteilung der Universitätsmedizin Mainz - und packt gleich zu. Karla Grasmück bedeckt kalte Füße, füllt Wasserkaraffen auf, stellt Fragen, macht sich Notizen. Es dauert nicht lange, dann tauen die anfangs etwas skeptisch wirkenden älteren Herren in dem Vierbettzimmer auf: Sie beginnen zu scherzen, erzählen von ihrer Krankengeschichte. Aber bald muss Grasmück weiter, denn um die Jahreswende hat sie besonders viel zu tun. Fünf Abteilungen will sie heute schaffen.

Die 68-Jährige ist eine der 25 ehrenamtlichen Helferinnen, die einmal in der Woche für ein paar Stunden in der Mainzer Uniklinik Kranke besuchen, kleine Besorgungen für sie machen, mit ihnen sprechen. Die sogenannten Grünen Damen feierten 2011 ihr 30-jähriges Bestehen. Ihren Namen haben sie von den grünen Kitteln, die sie von den hauptamtlichen Pflegern unterscheiden. Doch auch ihre Arbeit ist grundlegend anders als die des Krankenhauspersonals: »Wenn jemand reden will, dann habe ich Zeit, dann nehme ich mir auch nichts anderes vor«, sagt Helferin Grasmück.

Auch spezielle Wünsche können die Schwestern und Pfleger aus Zeitgründen nicht immer erfüllen. Wie zum Beispiel eine Bouillon besorgen, die Karl Ernst Fleck so gerne trinkt. Der 54-Jährige liegt schon seit drei Monaten mit Blasenkrebs in der Klinik. Auch wenn seine Frau regelmäßig zu Besuch kommt, freut er sich nicht nur über die Brühe, sondern besonders über die Gespräche mit Karla Grasmück. Seine Familie wolle er nicht immer mit seiner Krankheit belasten. »Aber wir reden nicht nur von der Krankheit, sondern über alle möglichen Dingen«, erzählt Fleck.

In Mainz sind insgesamt 114 Grüne Damen und zwei Grüne Herren für die Evangelische und Ökumenische Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe im Einsatz, bundesweit sind es mehr als 11 000. Grasmück hat vor sechs Jahren begonnen, sich zu engagieren, nachdem ihr Mann gestorben und sie in Rente gegangen war. Vorher hatte sie sich um Sohn, Haus, Garten und kranke Verwandte gekümmert. »Irgendetwas Sinnvolles muss man ja tun«, findet sie.

Für die Wiesbadener Psychologin Cathrin Otto leisten die ehrenamtlichen Helfer viel mehr, als ein paar einsamen Menschen die Zeit zu vertreiben. »Es gibt Hinweise, dass gerade bei vereinsamten älteren Menschen ein höheres Risiko für psychologische und internistische Krankheiten, wie zum Beispiel Herzinfarkt, besteht«, sagt die Expertin für Alterspsychologie. Menschen mit einem guten sozialen Netz erkrankten dagegen seltener an Alzheimer, verfügten oft über ein besseres Immunsystem und lebten länger. Wenn er auch kein Ersatz für Familie und Freunde sei, könne der Besuch Freiwilliger die Krankenhaussituation erträglicher machen und Stress lindern, vermutet Otto. Die heilende Wirkung menschlicher Nähe gelte nicht nur für alte Leute. »Sozialer Kontakt ist in jedem Lebensalter ein Schutzfaktor gegen Krankheiten.«

Folglich tut diese Arbeit auch den Ehrenamtlichen gut. So zieht Grasmück selbst, trotz trauriger Momente, viel Gutes daraus, wie sie sagt. Es sei schön zu sehen, dass man anderen helfen könne. »Vor allem nehme ich meine eigenen Krankheiten jetzt nicht mehr so wichtig.« Psychologin Otto weiß: »Es ist nachgewiesen, dass Ehrenamtliche länger leben, weil sie auch von den Sozialkontakten profitieren.«

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