Unruhen in Schanaosen wirken nach
Kasachstans Polizei jagt Oppositionelle und Journalisten
Arbeiter dreier Ölförderunternehmen hatten in Schanaosen nach siebenmonatigem Streik für menschenwürdige Bezahlung, Einhaltung elementarer Sicherheitsstandards und das Recht auf Gewerkschaften Geschäfte geplündert und öffentliche Gebäude angesteckt. Schwer bewaffnete Sondereinheiten der Polizei schossen daraufhin mit scharfer Munition in die Menge. Offiziell war von 17 Toten die Rede, Bürgerrechtler sprachen von bis zu 70. In den Krankenhäusern liegen noch immer Dutzende Verletzte. Bis 31. Januar gilt in der Stadt der Ausnahmezustand, der auch bei den Parlamentswahlen am 15. Januar nicht aufgehoben wurde. Nasarbajews Partei Nur Otan (Licht des Vaterlands) fuhr dabei erwartungsgemäß über 80 Prozent aller Stimmen ein.
Zwar erkannte Nasarbajew die Forderungen der Streikenden inzwischen als »begründet« an, zog aber bisher keine praktischen Konsequenzen. Lediglich Verwundeten und den Familien der Toten ließ er Entschädigungen von maximal 5000 Euro anweisen. Sein Innenminister erklärte, Unruhen würden auch künftig mit gleicher Härte niedergeschlagen. Zu Ursachen und Hergang ermitteln insgesamt sechs Kommissionen. Eine davon wurde von der Opposition eingesetzt, durfte aber weder die Krankenhäuser besuchen noch sich mit Familienangehörigen der Toten treffen, berichtet die Online-Agentur fergana.ru.
Anfangs hatte die Regierung in Astana den USA, Russland und sogar Usbekistan - Kasachstans Rivale im Kampf um die Rolle der Führungsmacht in Zentralasien - vorgeworfen, die Unruhen angezettelt zu haben. Jetzt werden Opposition und kritische Medien beschuldigt. So versuchte die Polizei, Material zu beschlagnahmen, das Mitarbeiter des Online-Videoportals Stan während der Unruhen drehten und das die Ordnungskräfte schwer belastet: Polizisten dreschen dort mit Knüppeln auf bereits am Boden liegende Verletzte ein. Und Shanna Baitelowa, die unmittelbar vor den Unruhen in der Zeitung »Respublika« berichtet hatte, die Streikenden seien in ihrer Not zum Äußersten entschlossen, wird vorgeworfen, ihr Artikel habe die Unruhen überhaupt erst provoziert.
Aktivisten der nicht zugelassenen Oppositionspartei Alga, die Geld für Streikende und Opfer sammeln, und die Chefin der KP-Basisorganisation in der Streikregion wurden Ende Dezember verhaftet. Geheimdienstler hatten ihnen zuvor Drogen untergeschoben. Mehrere Streikführer wurden wegen Anstiftung zu sozialem Hass bereits zu Haftstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt.
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