Kandidatensuche geht weiter

LINKE fand ihre Alternative zu Gauck noch nicht

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Am 18. März wird die Bundesversammlung einen neuen Bundespräsidenten wählen. Der Kandidat von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen heißt Joachim Gauck. Die LINKE, die von Kanzlerin Merkel nicht zur Kandidatensuche eingeladen worden war, wollte gestern einen eigenen Kandidaten nominieren.

Die LINKE machte es mal wieder spannend. Sie hatte am Donnerstag ihre Spitzenrunden zusammengerufen, um sich auf einen eigenen Personalvorschlag für die Wahl des Bundespräsidenten zu einigen. Das erwartete Ergebnis blieb aus, die angekündigte Pressekonferenz verschob sich mehrfach. Man wolle am Wochenende erst noch persönliche Gespräche mit den vorgeschlagenen Persönlichkeiten führen und dann entscheiden, erfuhr »nd«.

In der Debatte ist Beate Klarsfeld, die über Parteigrenzen hinweg wegen ihres Engagements gegen Faschismus und wieder aufkommenden Rechtsextremismus geachtet ist.

Ebenfalls debattiert wurde der Vorschlag, Christoph Butterwegge zu nominieren. Der 61-jährige Professor für Politikwissenschaft an der Universität Köln war von 1970 bis 1975 sowie von 1987 bis 2005 Mitglied der SPD. Nach seinem Austritt bezeichnete er sich als der Linkspartei nahestehend, ohne Mitglied in dieser zu sein. Er ist ein scharfer Kritiker des Sozialabbaus und lehnt Bundeswehr- Auslandseinsätze ab.

In der Debatte soll auch die letztmalige Kandidatin Luc Jochimsen gewesen sein. Die LINKE-Bundestagsabgeordnete hatte gestern via »Stern« eine Art Boykott der Bundesversammlung ins Gespräch gebracht. Zitat: »Wir sind von der ersten Minute an vom Auswahlprozess des nächsten Bundespräsidenten systematisch und undemokratisch ausgeschlossen worden. Wieso sollen wir dann am Schluss mitspielen?« Doch dieser Vorschlag, so drang aus der geheimen Sitzung, sei nun vom Tisch.

Klarsfeld hatte 1968 Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger wegen dessen Nazi-Vergangenheit geohrfeigt. Später bemühte sie sich zusammen mit ihrem Mann Serge Klarsfeld um die Enttarnung und Verurteilung von Nazi-Verbrechern sowie um die Ehrung der Opfer der Hitler-Diktatur. Seit Jahren steht die in Paris lebende gebürtige Berlinerin auf der Vorschlagsliste für das Bundesverdienstkreuz, seit Jahren wird sie vom Bundespräsidialamt abgelehnt. Dies spreche »Bände über die Zustände in unserem Land«, hatte LINKE-Chefin Gesine Lötzsch auf dem Landesparteitag der Brandenburger LINKEN am Sonntag erklärt. »Wenn ich mir eine Bundespräsidentin wünschen dürfte, dann wäre es eine Frau wie Beate Klarsfeld.«

In einem »Zeit«-Interview erklärte Klarsfeld gestern, sie habe gehört, dass Lötzsch »über mich gesprochen hat. Daraufhin habe ich sie angerufen.« Klarsfeld bestätigte: »Ja, ich bin bereit zu kandidieren. Es wäre eine große Ehre und Würdigung meiner Arbeit.« Die mögliche Kandidatin bekannte, sie sei »sicher keine Wirtschaftsexpertin und werde es auch nicht mehr. Meine Kandidatur wäre eher eine symbolische Handlung. Die Chancen, Gauck zu schlagen, sind gering.«

Doch Klarsfeld dürfte dennoch Zustimmung aus anderen Parteien - möglicherweise auch von Wahlfrauen und -männern der anderen Parteien - erfahren. Vor allem in den Reihen der Grünen gibt es Kritiker Gaucks, die ihn für zu konservativ halten. Die Linkspartei alleine stellt etwa zehn Prozent der Wahlleute der Bundesversammlung.

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