Aus drei mach eins
Indonesiens Regierung denkt über Vereinheitlichung der Zeitzonen nach
Wer aus der Hauptstadt Jakarta abends Verwandte beispielsweise in Jayapura ganz im Osten Indonesiens anruft, riskiert, diese aus dem Schlaf zu klingeln - dort ist es nämlich bereits zwei Stunden später. Das soll aber nicht mehr lange der Fall sein: Indonesiens Regierung plant, demnächst die Zeit in dem südostasiatischen Staat zu vereinheitlichen. Die Spaltung in drei unterschiedliche Zeitzonen, die der MEZ um sieben, acht und neun Stunden voraus sind, sei schädlich für die Ökonomie, so das Komitee für Wirtschaftliche Entwicklung (MP3EI) nach einer Tagung in Bogor. Wann genau allerdings die Umstellung erfolgen soll, ist noch unklar.
Zwei Stunden Zeitdifferenz zwischen westlichem und östlichem Teil des Landes, das sei eine Hürde, die Geld koste, heißt es zur Begründung aus Wirtschaftskreisen. Eine Vereinheitlichung auf MEZ+8 Stunden, so Wirtschaftsminister und MP3EI-Chef Hatta Rajasa, würde Geschäfte im Inland erleichtern und letztlich Milliarden von Rupien zusätzlicher Kosten einsparen. Ein solcher Schritt, über dessen genaue Modalitäten noch weiter beraten werden müsse, könne somit das ökonomische Wachstum weiter ankurbeln.
Die Reaktionen sind fast durchweg positiv. Bestenfalls »keine schädlichen Folgen« erwarten Befragte, die meisten jedoch gehen sogar mit, dass Indonesien deutlich profitieren könnte. Am stärksten ist dieses Echo aus verschiedenen Wirtschaftsverbänden: »Dies würde den Handel zwischen unterschiedlichen Landesteilen sehr vereinfachen«, sagte Sofyan Wanandi, Chef der Arbeitgeber-Dachorganisation Apindo. Indonesien werde damit wettbewerbsfähiger, und auch in der größeren Region sei es von Vorteil, mit dem gesamten Staat auf einer identischen Zeitzone mit mehreren Nachbarn zu liegen. Nicht einmal von muslimischen Klerikern kommen Einwände. Das ist wichtig, schließlich gehört die große Mehrheit der Bevölkerung dem Islam an. Gebetszeiten wären von einer Umstellung nur indirekt betroffen.
Bislang gibt es in Indonesien die westliche, zentrale und östliche Zeit. In die erste Zone fallen vor allem die größte Insel Sumatra, das bevölkerungsreiche Java mit all den großen Metropolen wie Bandung, Surabaya, Yogyakarta und der Hauptstadt Jakarta sowie der westliche Abschnitt des indonesischen Teils von Borneo (Kalimantan). Der östliche gehört wiederum wie etliche kleinere Inseln zur mittleren Zone, und die östliche Zeit, der MEZ um neun Stunden voraus, gilt vor allem auf Papua. Als Vorbild für das Projekt, alles auf MEZ+8 zu legen, dienen Indonesien, das aus 17 000 Inseln besteht, andere große Staaten, die ebenfalls nur eine Zeitzone haben - wie Indien und China. In der Bevölkerung gibt es aber teils noch Vorbehalte auszuräumen. »Werden wir den gleichen Sonnenunter- und -aufgang zur gleichen Zeit genießen können? Oder starte ich in Jayapura mit meinem Tagwerk, wenn die Sonne schon hoch über meinem Kopf steht?«, fragt ein skeptischer Leser im Online-Forum der Zeitung »The Jakarta Globe«. nd-Karte: Wegener
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