Wahhabiten liefern Waffen
Schützenhilfe aus Saudi-Arabien für Syriens Regierungsgegner
»Wenn der Wind weht, löscht er die Kerze aus und facht das Feuer an.« Das arabische Sprichwort passt auf die derzeitige Situation in Syrien, in der täglich neue, exzessivere Gewalt die Frontlinien der politischen Kontrahenten verfestigt. Dazu gehören die Bombenanschläge, die am Wochenende in Damaskus und Aleppo über 30 Todesopfer forderten.
Im Zentrum von Damaskus hatten sich zwei Selbstmordattentäter in der Nähe der Geheimdienstzentrale der Luftwaffe und beim Hauptquartier der Kriminalpolizei mit ihren Autos gesprengt. 27 Menschen starben, 140 weitere wurden verletzt. Bei einem dritten Anschlag in der Hauptstadt auf ein Armeefahrzeug kamen ein führender Militärvertreter und drei Personenschützer ums Leben. Aus Aleppo, wo ein Gebäude im Christenviertel Al-Sulaimanja das Terrorziel war, wurden mindestens drei Menschen durch eine Autobombe getötet.
Während die Regierung von Präsident Baschar al-Assad »Terroristen« für die Morde verantwortlich machte, schob die Opposition dem Regime selbst die Täterschaft zu. Ein mittlerweile übliches Ritual.
Deutlich verschärfen könnte sich die Lage in Syrien durch eine Aktion Saudi-Arabiens. Die absolutistische Islammonarchie schickt nämlich laut Angaben eines arabischen Diplomaten Waffen an die syrischen Regierungsgegner. Militärgüter aus dem Wahhabiten-Reich seien über Jordanien unterwegs zu der von Deserteuren gegründeten »Freien Syrischen Armee«, so der Diplomat gegenüber der Agentur AFP. Es handele sich um eine Initiative, die »Massaker in Syrien« zu beenden.
Dass dadurch die letzten »Kerzen« möglicher Verständigung gelöscht und das »Feuer« des blutigen Bürgerkriegs angefacht wird, bedarf indes wohl kaum hellseherischer Gaben. Eine der wenigen Regierungen, die das noch mit weitgehend klarem Blick erkennt, ist offenbar die russische. Außenminister Sergej Lawrow kritisierte jedenfalls am Wochenende die Gewalt in Syrien als »unverhältnismäßig« - auf beiden Seiten des Konflikts. Es sei schwer vorstellbar, so Lawrow, dass sich ein politischer Prozess entwickeln könne, wenn in den Städten gekämpft werde und Regierungskräfte sich gegen bewaffnete Oppositionsgruppen zur Wehr setzen müssten. Lawrows auf der Internetseite seines Ministeriums in einem Interview erhobene Aufforderung zum Dialog dürfte in der aufgeheizten syrischen und internationalen Atmosphäre allerdings kaum noch eine Chance haben.
Viele Syrer sehen nur noch in der Flucht eine Chance. Die Zahl der in das Nachbarland Türkei Geflohenen ist mittlerweile auf fast 16 000 gestiegen. Hunderte passierten am Wochenende die Grenze.
Derweil delektiert sich die britische Presse weiter an den Belanglosigkeiten angeblicher Privat-Mails von Assad. Ob diese echt sind, ist unklar. Die Toten in Syrien sind es.
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