Der lange Schatten der Finanzkrise
Geldgigant Deutsche Bank wird durch Prozesse in den USA schwer belastet
Die Industriekreditbank IKB war eins der ersten Institute, welches infolge der US-Immobilienkrise in Schieflage geriet. Möglich wurde dies durch eine zu riskante Geschäftspolitik in den Jahren zuvor: Stefan Ortseifen, seit 2004 an der IKB-Spitze, hatte das solide Kreditgeschäft mit mittelständischen Firmenkunden nicht genügt, um seine überehrgeizigen Gewinnziele zu erreichen. Investmentspezialisten der Deutschen Bank bündelten zweitklassige (»subprime«), riskante US-Hauskredite in Wertpapieren und versprachen Superrenditen. Zur Steuervermeidung und Tarnung gründete die IKB sogenannte Loreley-Fonds in der Finanzoase Jersey und beglich den Kauf der Wertpapiere mit Krediten, die wohl ebenfalls von der Deutschen Bank stammten.
Als 2007 der US-Immobilienmarkt kollabierte, brachte die »Subprime-Krise« die IKB ins Wanken. Die Staatsbank KfW stützte sie als größter Einzelaktionär mit zehn Milliarden Euro. Einen Regierungsskandal und weitere Untersuchungen über die dubiose Rolle der KfW verhinderte damals der schnelle Verkauf an den US-Finanzinvestor Lone Star.
Jahre nach der Pleite reichten die Loreley-Fondsgesellschaften, die weiterhin zum Umfeld der KfW zählen, in New York eine Schadenersatzklage über 440 Millionen Dollar (335 Millionen Euro) ein: Die Papiere wären bewusst so gestaltet worden, dass sie Verluste produzieren mussten. Kürzlich gelang es der Deutschen Bank offensichtlich, den Rechtsstreit mit einem Vergleich zu stoppen, bevor der Fall weitere Kreise zog.
Doch »Loreley« steht nicht allein. 2011 häuften sich Anklagen in den USA und auch sie beziehen sich größtenteils auf dubiose Geschäfte mit Immobilienkrediten, deren Ausfall die Krise auslöste, auf die letztlich die aktuelle Euro-Staatsschuldenkrise zurückgeführt werden muss. Zahlreiche Kunden werfen der Deutschen Bank Betrug vor, weil sie ihnen zweitklassige Immobilienpapiere als Renditeknüller verkauft hatte. Gleichzeitig bezog sie selbst Gegenpositionen oder ermöglichte es Hedgefonds, auf Verluste zu wetten. Auch die US-Regierung klagt gegen die Deutsche Bank. Dabei geht es unter anderem um Immobilienpapiere über rund elf Milliarden Euro, die den staatlichen US-Bausparkassen Fannie Mae und Freddie Mac angedreht worden waren.
Die Großbank weist die meisten Vorwürfe weit von sich. »Grundsätzlich treten wir entschieden für unser Recht ein; wo es Sinn macht, vergleichen wir uns«, erklärt Bankboss Josef Ackermann. In zwei Fällen, darunter gegen die schwer angeschlagene belgisch-französische Dexia-Bank, wurden sogar Verfahren gewonnen. Nach Meinung der Richter konnten die Kläger ihre Vorwürfe nicht erhärten, schließlich seien sie selbst professionelle Investoren. Soll heißen: Als Banker hätten sie die finsteren Absichten durchschauen müssen. Die juristischen Freisprüche sind daher kein politischer Freispruch für die Deutsche Bank.
Die Prozesslawine hat das Institut veranlasst, die Vorsorge für Rechtsrisiken deutlich aufzustocken. Auf seiner Jahrespressekonferenz gestand Ackermann, dass der für Rechtsstreitigkeiten vorgesehene Kapitalpuffer um mehr als eine Milliarde Euro aufgestockt worden sei. Ein Ende der Prozesslawine ist nicht in Sicht. Erst im Februar hat die »Bad Bank« der WestLB bei einem New Yorker Gericht eine weitere Klage gegen die Deutsche Bank erhoben. Der Streitwert beträgt rund 400 Millionen Euro. Auch hier geht es um angeblich fehlerhafte Beratung beim Verkauf von US-Immobilienpapieren. Ackermann rechnet damit, dass die Prozesse die Bank noch Jahre beschäftigen werden.
Dreckspapiere
Als Immobilienzocker Greg Lippmann für die Deutsche Bank arbeitete, war er für T-Shirt-Sprüche wie »Ich wette gegen Ihr Haus« berüchtigt. Ein US-Untersuchungsausschuss warf der Bank und anderen Instituten »schäbige« Methoden bei Geschäften mit Immobilienwertpapieren vor. Der Ausschuss zitierte E-Mails von Lippmann, in denen er bestimmte Hypothekenpapiere als »Dreck« bezeichnete. Die Senatoren unterstellten der Deutschen Bank Interessenkonflikte, weil sie trotz solcher Aussagen ihres führenden Händlers die verlustträchtigen Papiere verkaufte. hape
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