Berliner SPD sortiert sich neu
Die Hauptstadt-SPD ist in den Schlagzeilen. In quasi umgekehrter Wortwahl sehen der Boulevard »härtesten«, seriöse Hauptstadtpresse gestern schon »rabiaten« Machtkampf. Der bislang starke Mann der Berliner SPD, der in zwei Legislaturperioden als Landes- und Fraktionschef dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) den Rücken freihielt, ist nicht mehr unangefochten.
Gegen Landeschef Michael Müller, der den Fraktionsvorsitz gegen den Supersenat Stadtentwicklung tauschte, bringen sich Genossen in Stellung oder werden als Gegenkandidaten vermutet. SPD-Vize Mark Rackles wurde mit dem Hinweis zitiert, er würde sich an Müllers Stelle »auf eine Funktion konzentrieren«. Das meint natürlich den Senatssitz, und Anfang Juni wird der Landesvorstand neu gewählt.
Ohne Hinweis auf Jan Stöß, seit Februar 2012 Sprecher der Berliner Linken (BL) in der SPD, läuft gar nichts mehr. Der Kreisvorsitzende aus Friedrichshain-Kreuzberg gilt als der große Widersacher Müllers, als möglicher Gegenkandidat mit Erfolgsaussicht. Stöß könnte auf dem Parteitag vielleicht über die Hälfte der Delegierten des traditionell linken Landesverbandes hinter sich bringen, möchte er doch die SPD stärker »als linke Volkspartei« profilieren. Ihm geht es angesichts der Koalition mit der CDU wörtlich um »mehr SPD pur«.
Namentlich wendet sich Stöß gegen eine Liegenschaftspolitik, »die nur daran ausgerichtet ist, wie viel Geld eingenommen werden kann«. Da gerät Müller in die Zange, obwohl oder vielleicht gerade weil er selbst durchaus eher in der linken Mitte angesiedelt sein dürfte. Er wird nun von zwei Seiten bedrängt, wobei selten jemand lange gute Figur macht. Denn der Stadtentwicklungssenator hat schon mit Ulrich Nußbaum (für SPD) vom Finanzressort Ärger. Dieser will ihn landeseigene Grundstücke nicht wohlfeil für Wohnungsbau mit günstigen Mieten abgeben lassen und fuhr ihm schmerzhaft in die Parade.
Ohnehin geht es zur Zeit in der SPD eher beinhart zu, sie sortiert sich neu. Vordergründig wird um Sachfragen, im Kern aber um Richtung und persönliches Profil gerungen. Das kann auf Dauer nur schaden, denn über solches Hickhack wirkt der Koalitionspartner CDU auf Dauer nur um so solider.
So gerieten ja der Regierende und seine Arbeitssenatorin Dilek Kolat mit Fraktionschef Raed Saleh über den Mindestlohn in Arbeitsmaßnahmen gründlich aneinander. Dass sich der Senatschef mit 7,50 gegen 8,50 Euro durchsetzte, wird ihm mancher Fraktionär gern heimzahlen wollen.
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