Gepeinigte Frauen landen hinter Gittern

Afghanistan: Hunderte wegen »moralischer Verbrechen« im Gefängnis

  • Lesedauer: 2 Min.
Frauen in Afghanistan werden immer noch wegen »moralischer Verbrechen« zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Kabul (epd/nd). Hunderte Frauen säßen auch mehr als zehn Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes wegen sogenannter moralischer Verbrechen in den Gefängnissen, heißt es in einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der am Mittwoch in Kabul veröffentlicht wurde. Sie würden dafür bestraft, dass sie vor Gewalt und Missbrauch durch ihre Ehemänner und Familien flohen.

In dem Bericht zeichnet die Organisation das Schicksal von knapp 60 inhaftierten Frauen und Mädchen auf, die vergewaltigt, zwangsverheiratet oder in die Prostitution gezwungen wurden. Die Täter hingegen kämen gewöhnlich ohne Strafe davon. Das Hilfswerk kritisierte auch die zögerliche Haltung von Afghanistans Präsident Hamid Karsai zu den Frauenrechten.

Insgesamt sind laut Bericht etwa 400 Frauen und Mädchen in Afghanistan wegen »Sittenverbrechen« eingesperrt. In der erzkonservativen Gesellschaft gelte es bereits als Schande und Vergehen, wenn Frauen von zu Hause weglaufen würden. Auch Sex außerhalb der Ehe werde als moralisches Verbrechen angesehen, selbst wenn die Frauen dazu gezwungen würden.

Die Behandlung von Frauen und Mädchen, die solcher Sittenverbrechen beschuldigt würden, sei ein Schandfleck für die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft, erklärte die Organisation. Präsident Karsai sei »nicht in der Lage und nicht willens, eine klare Position gegen die konservativen Kräfte im Lande zu beziehen und hat oft Kompromisse geschlossen, die die Rechte der Frauen negativ beeinflusst haben«, heißt es in dem Report.

Vor wenigen Wochen erließen die obersten Religionsführer Afghanistans neue Leitlinien für das Verhalten von Frauen: Diese sind demnach den Männern untergeordnet, sollen weder bei der Arbeit noch auf dem Basar oder in Schule und Universität mit Männern zusammentreffen und auch nicht ohne einen männlichen Begleiter einen Bus besteigen. Präsident Karsai hat die Regeln der Ulema, des Religionsrates, als richtig und islamisch korrekt verteidigt.

Afghanistan gilt als gefährlichstes Land für Frauen. Zwangsheirat, Gewalt, Kinderehen, Ehrenmord und Mädchenhandel gehören zum Alltag. In vielen Gemeinschaften dürfen Frauen und Mädchen das Haus nie verlassen.

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