Niedersachsen blockiert Schlecker-Hilfe

Bürgschaft für Transfergesellschaft vorläufig abgelehnt

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Das von einer schwarz-gelben Koalition regierte Niedersachsen stellt sich bei der finanziellen Hilfe für die rund 11 000 von Entlassung bedrohten Schlecker-Mitarbeiterinnen quer.

Während sich alle Bundesländer mit Ausnahme des zögernden Sachsen bereit erklärten, eine Bürgschaft für einen Kredit an die Schlecker-Transfergesellschaft zu übernehmen, wenn alle mitziehen, blieb Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) am Dienstagabend bei seinem »Nein«. Das Ministerium habe die Zahlen von Schlecker prüfen lassen und sehe wenig Chancen, den Betrieb fortzuführen. Nach massiver Kritik der Opposition, des Insolvenzverwalters sowie von ver.di sah es gestern zeitweilig nach einem Zurückrudern Bodes aus.

In einem Schreiben an seinen baden-württembergischen Amtskollegen Nils Schmid (SPD) erläuterte Bode seine Position näher. Aus korrigierten Zahlen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers gehe hervor, dass »eine erfolgreiche Betriebsfortführung noch ungewisser ist als zunächst angenommen«. Es sei fraglich, »ob der Insolvenzverwalter überhaupt während der Dauer der geplanten Transfergesellschaft den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten kann«. Angesichts dieser neuen Erkenntnisse sehe er keine Möglichkeit, dem Kabinett eine Zustimmung zur Bürgschaft zu empfehlen, schrieb Bode. Noch am Freitag hatte der Landtag in Hannover in einem von allen fünf Fraktionen gestützten Antrag die Rettung der Schlecker-Beschäftigten gefordert.

Ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz wies Bodes Erklärung zurück. Bei den Daten habe es nicht die geringste Unzuverlässigkeit« gegeben. Bei der Bewertung von Risikopositionen könne man immer zu leicht unterschiedlichen Auffassungen kommen, »doch bei den Daten war nichts intransparent oder unzuverlässig«. Bode verteidigte Niedersachsens Nein allerdings. Man habe sich fragen müssen, ob das Land in einem gleich gelagerten Fall einem mittelständischen Handwerksbetrieb helfen würde. Angesichts der Unterlagen, der fehlenden Sicherheiten und der zweifelhaften Aussichten für die Fortführung des Betriebs könne die Antwort nur negativ ausfallen, sagte Bode. Die Entscheidung sei in Abstimmung mit dem Finanzministerium gefallen.

Bode verweist darauf, dass Niedersachsen nicht das einzige Land sei, das an den Erfolgsaussichten zweifelt. Auch andere Länder hätten ihre Hilfszusagen an Bedingungen geknüpft. »Man muss bei staatlichen Hilfen immer aufpassen, ob es eine Fortführungsprognose gibt oder ob man in den Wettbewerb eingreift«, sagte Bode. Schließlich seien auch noch andere, wie zum Beispiel Zulieferer, von der Schlecker-Insolvenz betroffen. Und es gebe auch andere Wege der Hilfe.

Für ver.di-Landeschef Detlef Athing gibt es zu der Bürgschaft keine Alternative, in Niedersachsen seien rund 1000 Schlecker-Frauen von Arbeitslosigkeit bedroht. In Transfergesellschaften bekämen die Mitarbeiter zumindest sechs Monate lang 80 Prozent ihres früheren Gehalts, sagte Athing. In den elf Auffanggesellschaften sollen die betroffenen Schlecker-Mitarbeiter weitergebildet und bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt werden. Nach Gewerkschaftsangaben arbeiten etwa fünf Prozent Männer in dem Unternehmen, vor allem im Lagerbereich.

Für das halbe Jahr, in dem die Transfergesellschaft bestehen soll, sind insgesamt rund 85 Millionen Euro nötig. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz kann aber nur rund 15 Millionen Euro bereitstellen - die fehlenden 70 Millionen Euro sollen aus einem KfW-Kredit kommen, für den aber die Bundesländer bürgen müssen. Gestern Mittag deutete Bode vorsichtig einen möglichen Meinungswechsel an. Bei veränderten Bedingungen könne über alles noch einmal gesprochen werden. »Wenn die Grundlagen stimmen, sind wir auch bereit«, sagte er.

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