FDP erzwingt Massenkündigung
Auffanggesellschaft für Schlecker-Frauen scheitert letztlich an Bayern-Liberalen
Schlussendlich lag es am Veto Bayerns: Die Transfergesellschaft für rund 11 000 Mitarbeiterinnen der insolventen Drogeriemarkt ist gescheitert. Die Bundesländer konnten sich nicht auf öffentliche Bürgschaften für einen KfW-Kredit in Höhe von rund 70 Millionen Euro einigen, der für die Gründung einer Auffanggesellschaft benötigt worden wäre. Diese hätte die betroffenen Mitarbeiterinnen weiterqualifizieren und in neue Arbeitsstellen vermitteln sollen. Unmittelbar nach dem Scheitern der Gespräche schickte die Drogeriekette Schlecker bereits rund 10 000 Kündigungen heraus. Die Schreiben hätten schon vorbereitet und unterschrieben bereitgelegen, sagte ein Sprecher von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz am Donnerstag.
Bereits am Mittwochnachmittag hatten die FDP-Wirtschaftsminister Niedersachsens und Sachsens eine Beteiligung ihrer Länder an den staatlichen Garantien abgelehnt. Die grün-rote Regierung des Schlecker-Heimatlandes Baden-Württemberg bemühte sich daraufhin vergeblich um eine Mini-Lösung - Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern sollten die Gesamtsumme alleine schultern, was Bayern ablehnte. Am Freitag wurde dann weiterverhandelt - auch auf Ministerpräsidentenebene. Positive Signale kamen etwa aus allen ostdeutschen Ländern. Baden-Württembergs Landesvater Winfried Kretschmann (Grüne) verkündete schließlich in Berlin das endgültige Scheitern: »Die Transfergesellschaft wird nicht zustande kommen.«
Entscheidend war ein Veto aus Bayern, dessen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) bislang eine Beteiligung zugesagt hatte. Auch hier schaltete das FDP-geführte Wirtschaftsministerium auf stur: Es sei falsch, Arbeitsplätze durch den Staat zu erhalten, wenn sie keine Zukunft hätten, betonte die dortige Landeschefin der Partei im Freistaat, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
»Es ist heute ein ganz bitterer Tag für die Beschäftigten von Schlecker«, sagte der Stuttgarter Finanzminister Nils Schmid (SPD) am Donnerstag in Stuttgart. Er sei empört darüber, dass für die Liberalen nicht die Menschen im Mittelpunkt stünden, sondern das parteipolitische Kalkül. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte der Agentur dpa: »Ich finde es unanständig, dass die FDP nach ihren schlechten Wahlergebnissen auf diese Weise versucht, politisches Profil zu gewinnen.«
Der Geschäftsführer des ver.di-Bezirks Stuttgart und Sprecher der LINKEN Baden-Württemberg, Bernd Riexinger, warnte gegenüber »nd« vor den Folgen. Ohne Transfergesellschaft würden viele Entlassene »Kündigungsschutzklage einreichen, um eine Abfindung oder eine andere Sozialauswahl zu erreichen«. Dies könne potenzielle Investoren für Schlecker abschrecken.
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