Occupy-Aktivist strebt in den USA-Kongress
Nathan Kleinman fordert eine demokratische Abgeordnete heraus, die er einst unterstützt hatte
Es gibt kaum mehr eine USA-Stadt, in der noch ein Zeltlager der Occupy-Bewegung steht. Ob in New York, Washington oder Los Angeles, überall wurden die Dauerversammlungen aufgelöst. In der Kleinstadt Jenkintown in Pennsylvania ist das Lager mit knapp 20 Zelten dagegen in bester Verfassung. »Wir haben hier immer Probleme mit der Verkehrsberuhigung gehabt«, sagt Bürgermeister Ed Foley gelassen. »Die Zelte haben diese Probleme gelöst.«
Weniger erfreut als der Bürgermeister ist die Kongressabgeordnete Allyson Schwartz, die ihr Büro in Jenkintown hat. Das Lager liegt direkt vor ihrem Fenster und der Protest gilt vor allem ihr. Occupy Jenkintown, möchte, dass Schwartz bei der Wahl in diesem Jahr ihr Amt verliert. Denn Occupy Jenkintown hat einen eigenen Kandidaten.
Nathan Kleinman, genannt »Nate«, war ein Okkupist der ersten Stunde im 15 Kilometer entfernten Philadelphia. Für den 29-jährigen linken Politaktivisten war Occupy eine Offenbarung: »Endlich standen die Leute auf und weigerten sich, den Status quo weiter zu akzeptieren.« Kleinman, der 2007 als Freiwilliger für Obama gearbeitet hatte, gab rasch seinen Job auf und wurde Vollzeit-Okkupist. Doch als die erste Welle von Occupy abebbte, brauchte Kleinman eine neue politische Aufgabe. Er fand sie in seinem Heimatdistrikt. Kleinman war in Abbington aufgewachsen, Jenkintowns Nachbarort. Er hatte als Freiwilliger geholfen, die demokratische Abgeordnete Allyson Schwartz in den Kongress zu bringen. Nachdem sie dort sowohl für den Irak-Krieg als auch für die Verlängerung der Steuererleichterung für Reiche gestimmt hatte, verlor sie jedoch Kleinmans Vertrauen. Sie war zum Symbol jener Korruption in der Politik geworden, an der sich Occupy abarbeitet.
Der Entschluss, selbst gegen Schwartz zu kandidieren, fiel Kleinman jedoch nicht leicht. Die Occupy-Bewegung will sich schließlich aus der etablierten Politik heraushalten. »Wir wollen immer noch vermeiden, von irgendjemandem vereinnahmt zu werden«, sagt Kleinman. Deshalb betont er auch, dass er eben kein »Occupy-Kandidat« ist. Seine Kandidatur versteht er als »autonome Aktion«. Die Bezeichnung »erster Occupy-Kandidat« wird er natürlich dennoch nicht los. In den Medien von der Lokalpresse in Pennsylvania bis hin zum Politmagazin »Politico« hat er längst diesen Stempel. Dabei stimmt das nur zum Teil. Denn Kleinman ist unter den Kongresskandidaten dieses Jahres zwar zweifellos derjenige, der am engsten mit Occupy verwoben ist. Doch es gibt ein knappes Dutzend progressiver Politiker, die sich in ihren Wahlkampagnen unverhohlen mit den Zielen von Occupy identifizieren.
Nun schaut die Linke in den USA gespannt darauf, wie sich die Occupy-Kandidaten schlagen. »Wenn viele von ihnen gewinnen, dann sendet dies an alle Demokraten die klare Botschaft, dass es sich lohnt, sich zu seinen progressiven Werten zu bekennen«, sagt Neil Sroka, Sprecher der »Kampagne für progressiven Wandel«.
Nathan Kleinman jedenfalls ist davon überzeugt, dass er nach Washington geht. Sein Slogan ist ein Zitat Mahatma Ghandis: »Erst ignorieren sie dich, dann lachen sie dich aus und dann gewinnst du.« Teil der Occupy-Bewegung will er jedoch auch als Abgeordneter bleiben, wenn sie ihn denn dort noch wollen. Denn schon jetzt hat Kleinman erfahren, wie schwer es ist, in der etablierten Politik sauber zu bleiben. Er hat eine Wahlkampfspende des Eiscremeherstellers Ben and Jerry's über 2012 Dollar (1500 Euro) angenommen. Die Eisfabrikanten haben zwar versprochen, dass sie auf Kleinman keinen Einfluss nehmen wollen, wenn er gewählt wird. Aber das haben vor ihnen schon viele Lobbyisten gesagt.
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