Scheitern mit Ansage
Aus für Gottschalk
Thomas Gottschalk ist nicht von der Bühne abgegangen, nein, er ist abgegangen worden. Die Meldung der ARD-Verantwortlichen ist kurz und knapp. »Die Intendantinnen und Intendanten der ARD haben heute die Programmentscheidung getroffen, die Sendung ›Gottschalk Live‹ mit Beginn der Sommerpause zu beenden. Grund ist die geringe Publikumsresonanz. Thomas Gottschalk wird damit am 7. Juni 2012 zum letzten Mal im Vorabendprogramm des Ersten seine Gäste begrüßen.«
Nach Harald Schmidt, dem sein Sender Sat.1 bereits vor Wochen angekündigt hat, ihn im Sommer vor die Tür zu setzen, also der nächste »Große«, dem von seinem Arbeitgeber unmissverständlich klar gemacht wird, woran sich Erfolg im TV-Geschäft misst, nämlich an der Einschaltquote. Das ist verständlich in einem Medium, in dem sich nicht mehr wie früher zwei Programme die Zuschauer aufteilen, sondern Dutzende von Sendern um die Gunst des Publikums buhlen. Die ARD nennt Gottschalks TV-Vorabendtalkshow rückblickend »ein Experiment, auf das sich Thomas Gottschalk mit seiner ganzen Persönlichkeit eingelassen hat.«
Genau darin dürfte eine der Ursachen des Scheiterns liegen und nicht nur an der für den Durchschnittsseher ungewöhnlichen Sendezeit in der halben Stunde vor Wetter- und Börsenbericht mit angeschlossener Tagesschau. Die Medienwissenschaftlerin Joan Kristin Bleicher hat gestern in einem Interview mit »Deutschlandradio Kultur« kritisiert, den Sendern fehle der Mut für das Experiment, neue Formate mit neuen Moderatoren auf den Markt zu bringen. Stattdessen setzten die Programmverantwortlichen auf Altbewährtes, z.B. auf Variationen der immergleichen Casting-Shows - oder das Recyceln bekannter TV-Gesichter, muss man hinzufügen
Die Sender sind damit im Rahmen des bestehenden Systems sogar erfolgreich. Das Problem liegt woanders. Dem Fernsehen laufen die jungen Zuschauer davon. Der Altersdurchschnitt steigt - und das nicht nur beim vielgeschmähten »Rentner«-Sender ZDF. Das hat weniger mit den Sendungen an sich als mit den beschränkten technischen Möglichkeiten des Mediums zu tun. Wer sich etwa an den Gags der »heute-show« im ZDF erfreuen will, kann das bequem und unabhängig vom eigentlichen Sendetermin via Mediathek im Internet tun. Er kann zwischendurch zur Toilette gehen, sich ein Bier aus dem Kühlschrank holen, vielleicht sogar ein Schläfchen halten - und versäumt dennoch keine einzige Sendeminute. Auf einen Fernseher kann er verzichten.
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