Löcher in der Flaggenverwaltungsanordnung
In bestimmten Fällen darf die Franken-Fahne nun auch vor Behörden wehen
München. An staatlichen bayerischen Fahnenmasten war bisher kein Platz für den Fränkischen Rechen. Der rot-weißen Frankenfahne im Wege stand die Flaggenverwaltungsanordnung des Innenministeriums. Die regelt streng, dass auf und vor staatlichen Gebäuden nur staatliche Flaggen hängen dürfen - Bayern-, Deutschland- und Europaflagge. Der Ärger bei fränkischen Patrioten ist groß. Denn der Fränkische Rechen ist zum Symbol des fränkischen Identitätsgefühls geworden, obwohl es historisch nie eine einheitliche fränkische Fahne gegeben hat.
Aufruf zu Ungehorsam
Bayerns Innenministerium will eigentlich nicht nachgeben. Die Ministerialen fürchten, dass dann ja jeder kommen könnte, um seine Fahne auf einem Behördenbau zu hissen. Deswegen liegt ein Hauch von Franken-Rebellion in der trockenen Aktenluft des Landtags: »Das ist genau die starre Haltung, die meint, mit Macht demonstrieren zu müssen, wenn es nur um eine Kleinigkeit geht. Da werden wir Franken immer separatistischer werden«, droht die grüne Landtags-Vizepräsidentin Christine Stahl. »Ich kann nur alle betroffenen Behördenleiter zu zivilem Ungehorsam aufrufen«, schimpft sie. »Tja«, seufzt der Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD) - ein Oberpfälzer. »So weit musste es kommen.« Auch andere Abgeordnete sehen Reformbedarf bei der Flaggenverwaltungsanordnung.
Die Rechtslage ist ziemlich kompliziert: Kommunale Behörden dürfen den Fränkischen Rechen hissen, weil die Flaggenverwaltungsanordnung nur für Behörden der Staatsregierung gilt. Landratsämter dürfen die rot-weiße Fahne dennoch setzen, obwohl sie ausführende Organe der Staatsverwaltung sind. Der Ministerialbeamte erläutert sachkundig, dass ein Landratsamt eine Doppelbehörde ist - sowohl staatlich als auch kommunal. In seiner Eigenschaft als kommunaler Wahlbeamter darf der Landrat eine Fahne hissen, die er als Vertreter der staatlichen Verwaltung mit dem Bannstrahl belegen müsste.
Ein listiges Argument
Doch nicht umsonst sitzen im Rechtsausschuss des Landtags fachkundige Juristen: Die Abgeordneten finden schließlich einen sehr eleganten Weg, die Flaggenverwaltungsanordnung zu umschiffen. Es wird ein listiges Argument vorgebracht, mit dem das Innenministerium in die Schranken gewiesen und dem Fränkischen Rechen zu seinem Platz am Fahnenmast verholfen wird: Der Fränkische Rechen sei keine Staatsfahne - und deswegen könne er auch nicht von einer Verordnung betroffen sein, die den Gebrauch von Staatsflaggen regelt. Der Fränkische Rechen werde nicht deswegen zur Staatsflagge, weil er an einem staatlichen Fahnenmasten gehisst wird.
Die Rechtsnatur des Fränkischen Rechen ist in dieser Interpretation eine andere - kein Staatssymbol, sondern eine Art Werbung für den Tag der Franken. Klar ist am Schluss aber auch: Der Rechen darf Bayern- oder Deutschlandflagge keinesfalls vom staatlichen Fahnenmast verdrängen, sondern darf nur zusätzlich aufgehängt werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.