Gaucks Rätsel
Kommentar von Roland Etzel
Israel sollte Kompromissbereitschaft in der Frage der Siedlungen zeigen, um die Nahostgespräche wieder in Gang zu bringen - eine behutsam formulierte Sorge des deutschen Bundespräsidenten während seines Israel-Besuchs; allerdings nicht des jetzigen, sondern seines Vorgängers Wulff im November 2010. Der aktuelle Amtsträger Gauck sprach gestern in Jerusalem lediglich von einem »kritischen Aber« und zeigte sich geradezu bemüht, jeglichen Eindruck zu zerstreuen, er verfüge über Sachkenntnis hinsichtlich der nahöstlichen Problemlage.
Israel müsse in Frieden leben können, verkündet Gauck völlig zurecht und spricht in diesem Zusammenhang auch von der Berücksichtigung der »berechtigten Anliegen des palästinensischen Volkes«. Worin diese seiner Meinung nach bestehen und wie beides zusammenhängt, sagt er allerdings nicht. Überhaupt beliebte der neue Bewohner von Bellevue, in Rätseln zu sprechen. So genehmigt er »seinen« Bürgern zwar »durchaus auch Platz für Kritik« an Israel, um diese aber schon im nächsten Satz pauschal als »Ressentiments« zu deklassieren.
Das Prädikat »besonders undurchsichtig« verdient seine Bemerkung zum »arabischen Frühling«. Er verstehe das Unbehagen der israelischen Politiker darüber, katzbuckelte Gauck, »da bisher unklar ist, ob die Revolten in den arabischen Ländern von Dauer sein und welche Richtung sie nehmen werden«. Vielleicht war es gut für die Bundesregierung, dass er für sich behalten hat, welche Richtung der »Revolte« ihm recht wäre.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.