Israels Verwaltungshaft am Pranger

Amnesty International kritisiert willkürliche Justizpraxis

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat von Israel die Abschaffung der Verwaltungshaft gegen Palästinenser gefordert, die in Hunderten Fällen zu langen Haftzeiten ohne ein Gerichtsverfahren führt.

Jerusalem/Hebron (Agenturen/ nd). Alle Verwaltungshäftlinge in Israel müssten freigelassen oder in fairen Gerichtsverfahren »wegen international nachvollziehbarer krimineller Handlungen« angeklagt und verurteilt werden, erklärte Amnesty am Mittwoch in Jerusalem. Ende April hätten insgesamt 308 Palästinenser in Israel in Verwaltungshaft gesessen.

Die Praxis der Verwaltungshaft wurde in den vergangenen Monaten verstärkt beachtet, weil mehr als 1500 der rund 4700 palästinensischen Insassen israelischer Gefängnisse aus Protest gegen ihre Haftbedingungen in einen Hungerstreik getreten waren. Er wurde am 14. Mai von den meisten Häftlingen beendet, nachdem Israel zusagte, die Haftbedingungen zu verbessern und die Verwaltungshaft bei keinem der Betroffenen erneut zu verlängern - es sei denn, es liegen neue Beweise vor.

Der palästinensische Minister für Häftlinge, Issa Karakaa, beklagte jedoch, diese Zusage sei in 30 Fällen gebrochen worden.

Einer der Initiatoren des Hungerstreiks der palästinensischen Häftlinge wurde unterdessen am Dienstagabend aus der Haft entlassen. Der 34-jährige Thaer Halahla saß zwei Jahre lang ohne Anklage in Israel ein. Ihm wurde Mitgliedschaft in der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad vorgeworfen. Er hatte an 76 Tagen die Nahrungsaufnahme verweigert.

Trotz der Einigung mit den israelischen Strafvollzugsbehörden setzen zwei palästinensische Inhaftierte ihren Hungerstreik fort. Einer von ihnen ist der Fußballspieler Mahmud Sarsak. Der 25-Jährige aus dem Gaza-Streifen war im Juli 2009 am Kontrollpunkt Eres festgenommen worden, als er zu einem internationalen Spiel seiner Mannschaft auf dem Weg ins Westjordanland war. Er sitzt seither ohne Anklage in Haft.

Israelische Kampfflugzeuge haben in der Nacht zum Mittwoch erneut Ziele im Gaza-Streifen angegriffen. Nach Angaben palästinensischer Sanitäter wurden dabei drei Menschen verletzt. Eine Polizeistation der im Gaza-Streifen regierenden Palästinenserorganisation Hamas sei getroffen worden. Die israelische Armee teilte hingegen mit, es seien zwei Waffenfabriken im Norden und Süden des Palästinensergebiets beschossen worden. Es handele sich um eine Reaktion auf den Raketenbeschuss israelischer Grenzgebiete.

Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat den Gaza-Streifen als »weltweit größtes Gefängnis« bezeichnet. Dort seien Menschen unter freiem Himmel »eingesperrt«, sagte er mit Blick auf die israelische Blockade des Küstenstreifens. Erdogan äußerte sich auf einem Wirtschaftsforum, an dem Geschäftsleute und Vertreter aus Ländern im Nahen Osten, in Nordafrika und Eurasien teilnahmen. Er rief zu Investitionen in verarmte Regionen der Welt auf und nannte dabei die Palästinensergebiete.

Ultrarechte israelische Abgeordnete sind mit einem Vorstoß zur Legalisierung nicht genehmigter jüdischer Siedlungen im Westjordanland gescheitert. 69 der 120 Mitglieder der Knesset stimmten am Mittwoch gegen und nur 22 für einen Gesetzesentwurf des Abgeordneten Sevulun Orlev von der nationalreligiösen Partei Habait Hajehudi.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.