Monti fordert Merkel heraus
Beim EU-Gipfel steht die Bundeskanzlerin unter besonderem Druck
Deutschland gegen Italien, so lautete gestern Abend nicht nur die Ansetzung im Halbfinale der Fußballeuropameisterschaft. Auch beim EU-Gipfel in Brüssel sollte sich zeigen, welcher der beiden EU-Gründungsstaaten sich durchsetzen wird. Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine Vergemeinschaftung der Schulden weiter ablehnt wie sie in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag am Mittwoch noch einmal bekräftigte, oder der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der Maßnahmen zur Senkung der Zinsen auf italienische, aber auch spanische Staatsanleihen aufs Schärfste anmahnte. Damit ging dem Gipfel trotz mehrerer Vorbereitungstreffen einzelner Regierungschefs eine harte Kontroverse voraus.
Am ersten Tag der Tagung des Europäischen Rates sollte zwar ganz harmonisch ein Wachstumspaket mit einem Volumen von bis zu 130 Milliarden Euro sowie der mehrjährige Finanzrahmen verabschiedet werden. In Sachen Bankenkrise wollten sich die krisengeschüttelten Länder, allen voran Italien und Spanien, jedoch von Merkel nicht länger hinhalten lassen.
Unterstützung erhielten Monti und der spanische Regierungschef Mariano Rajoy von Frankreichs Präsident François Hollande, der sich vor Beginn des Gipfels für »sehr schnelle Lösungen« für die Euroländer in Finanznot aussprach, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ähnlich äußerte sich laut AFP der belgische Regierungschef Elio Di Rupo. Wenn man den Krisenländern nicht helfe, »wird es einen Dominoeffekt in ganz Europa geben. Wir müssen Notmaßnahmen ergreifen.« Monti und Rajoy schlugen vor, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen aufkauft.
Ein Treffen der Eurogruppe, das solche Maßnahmen beschließen könnte, war ursprünglich erst nach Abschluss des eigentlichen Gipfeltreffens geplant. Zuvor sollte sich die Runde erstmals mit Vorschlägen der EU-Spitzen zur Weiterentwicklung der europäischen Währungsunion befassen. Merkel äußerte vor dem Gipfel deutliche Kritik an dem Papier, weil es eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden in der Eurozone enthalte.
Viel Zeit bleibt für diese Debatte heute sicher nicht. Schon gar nicht für Merkel, die am Nachmittag zurück nach Berlin reisen will, um den Fiskalpakt im deutschen Parlament durchzudrücken.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.