Werbung

Journalismus ohne Journalisten

COMPUTERtechnik: Schreibende Roboter

  • Alexander U. Martens
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Digitalisierung unserer Welt, mit anderen Worten: die Herrschaft der Computer über die Menschen, scheint unaufhaltsam. Auch im Zeitungswesen schreitet sie voran. Etwa ein Vierteljahrhundert ist es her, dass sie die einst hoch angesehenen Berufe des Setzers und des Metteurs aussterben ließ - ihre Arbeit wird seither von Journalisten und Redakteuren am Computer-Bildschirm gleich mit erledigt.

Bald könnte auch der Beruf des Journalisten überflüssig werden. Jedenfalls war kürzlich zu lesen, dass in den USA die Firma »Narrative Science« im Bereich des Finanzjournalismus, lediglich aufgrund von eingegebenen statistischen Daten, im Handumdrehen automatisch und gut lesbare Artikel über die voraussichtliche Entwicklung von Unternehmenszahlen liefert, was, bei einiger Ironie, ja einer gewissen Logik gar nicht entbehrt: Nachdem der computerisierte Börsenhandel die Finanzmärkte beherrscht, warum sollen dann nicht auch Computer darüber berichten? Leider besteht zu jedweder Ironie aber keinerlei Veranlassung. Denn solcher Journalismus ohne Journalisten, solche Robotertexte sind offenkundig nicht nur im Finanzjournalismus möglich - »Narrative Science« kann zum Beispiel auch schon Artikel über den amerikanischen Wahlkampf »schreiben«, darüber, welche Themen der Kandidaten wo am meisten diskutiert werden und dabei sogar mit Zitaten aufwarten, die sozialen Netzwerken, wie etwa Twitter, entnommen sind.

Es leuchtet ein, dass ein solcher Roboterjournalismus umso mehr Bereiche und Themen erfassen kann, je personalisierter das Internet wird. Und je größer die Datenbasis für Auswertungen und Berechnungen im Internet wird, je mehr wir also alle zu Algorithmen werden, umso schwieriger wird es, künftig zwischen Mensch und Maschine zu unterscheiden. Das ist es, wovor die Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel in ihrem jüngsten Buch »Next« so eindringlich warnt, das den bezeichnenden Untertitel »Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns« trägt.

Wer nicht will, dass es soweit kommt, der sollte sich davor hüten, in Zukunft (selbst schlecht schreibende) Journalisten durch (auch noch so lesbar formulierende) Computer zu ersetzen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -