Holocaust- Überlebende gekürt
»Miss«-Wahl in Israel
»Wir haben überlebt, wir haben wundervolle Familien gegründet und wir sehen nach allen diesen Jahren sogar noch ganz ordentlich aus«. So selbstbewusst verteidigt die 79-jährige Chava Herschkowitz (Foto unten) ihre Teilnahme an der ersten Wahl zur »Miss-Holocaust-Überlebenden«. Und nach ihrem Sieg am Donnerstagabend in der nordisraelischen Küstenstadt Haifa wurde sie von der Zeitung »Jediot Achronot« zitiert: »Das ist unsere Rache«.
Zusammen mit 13 weiteren älteren Damen, die den Massenmord der Nazis an sechs Millionen Juden während des Zweiten Weltkrieges überlebt hatten, schritt die aus Rumänien stammende Frau im schwarzen Abendkleid mutig vor der Jury auf dem Laufsteg auf und ab. Die Teilnehmerinnen im Alter von 74 bis 90 Jahren genossen ihren Auftritt. Lächelnd und unter dem Applaus von etwa 600 Gästen präsentierten sie sich winkend auf der Bühne. Eine Kosmetikfirma als Sponsor hatte für das Make-up, Frisuren und Abendkleider gesorgt.
Aber die elegante Aufmachung war nur ein kleiner Teil des Wettbewerbs, versichert der Initiator der umstrittenen Veranstaltung, Simon Sebag. Er hat die Hilfsorganisation für Holocaust-Überlebende »Jad Eser Le Chaver« (Helfende Hand für einen Freund) gegründet. Die Wettbewerberinnen schilderten dem Publikum auch ihre schrecklichen Erfahrungen während des Holocaust, Flucht und Vertreibung, Hunger und den schmerzhaften Abschied, meist für immer, von Mutter und Vater.
Aber selbst die Wettbewerberinnen in Galakostümen waren sich wohl der Gratwanderung bewusst, sich als Überlebende eines Massenmordes an einem Schönheitswettbewerb zu beteiligen. »Ich habe nur im Interesse der Überlebenden teilgenommen und wegen der Notwendigkeit, auf ihre Notlage aufmerksam zu machen«, sagte Herschkowitz. »Darum ging es bei diesem Wettbewerb, nicht um Schönheit«, fügte die frischgebackene »Miss Holocaust-Überlebende« hinzu.
Die Lage vieler der Überlebenden ist prekär. In Israel gibt es noch etwa 198 000 von ihnen. Mehr als die Hälfte ist nach Angaben der Stiftung für Opfer der Schoah vom April älter als 80 Jahre. Mehr als fünf Prozent der Überlebenden hätten keine lebenden Angehörigen und weitere 54 Prozent seien einsam, hieß es in dem Bericht. Etwa 52 000 seien auf die Unterstützung der Stiftung angewiesen. Viele der Überlebenden hätten mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
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