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Fehltritt
Heribert Prantl / Der 59-Jährige Journalist musste sich für eine Reportage entschuldigen
Heribert Prantl zählt zweifelsohne zu den profiliertesten Journalisten in Deutschland. Die Liste der Preise, mit denen der Leiter des Ressorts Innenpolitik der »Süddeutschen Zeitung« (SZ) ausgezeichnet wurde, würde das Fassungsvermögen dieses Textes übersteigen. Man kann also mit Fug und Recht sagen: Heribert Prantl ist ein Vorbild in der Zunft. Jetzt hat dieses Vorbild schwer gefehlt. In einer Reportage über den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hatte Prantl derart lebendig über die Kochgewohnheiten des Porträtierten geschrieben, dass der Leser den Eindruck haben musste, Prantl habe höchstselbst mit am Herd gestanden und die Zwiebeln gehackt.
Hat er aber nicht, und Prantl hat deshalb ein Problem. Und nicht nur er: Sein Arbeitgeber musste sich vor wenigen Tagen bei seinen Lesern für den Fauxpas entschuldigen; Prantl habe nie selbst an einem privaten Essen mit Voßkuhle teilgenommen, er habe sich die Szene vielmehr von Teilnehmern schildern lassen. Prantl wies zunächst jede schuldhafte Verfehlung zurück, um sich dann doch in der SZ mit den Worten zitieren zu lassen, er »bedauere den Fehler«. Kolportiert wird, dass es innerhalb der Redaktion Stimmen gab, die die »Edelfeder« mit einem Schreibverbot belegen wollten. Die Chefredaktion der Zeitung hat dieses Ansinnen entschieden zurückgewiesen. Die Verdienste Prantls, der seit 1988 bei der SZ tätig ist und durch seine Leitartikel, politischen Essays und Buchveröffentlichung über den Leserkreis der Zeitung hinaus bekannt ist, wiegen schwerer als dieser Fehltritt.
Wie groß aber ist der Anteil des Unbewussten an dieser Fehlleistung? Ein Halbsatz, mit dem deutlich gemacht worden wäre, dass das Erzählte nicht auf eigenem Erleben, sondern auf Gehörtem fußt, hätte doch genügt. Dann aber hätte das Porträt den Reiz des Besonderen verloren, nicht mehr die Eitelkeit ihres Verfassers gespiegelt. Darin besteht die besondere Tragik im Fall Prantl: Wenn schon jemand wie er der Versuchung nicht mehr widerstehen kann, den Berufsethos der kurzlebigen Aufmerksamkeit zu opfern, ist es um den Journalismus an sich nicht gut bestellt.
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