Rentner sollen die Zeche zahlen

Alte Menschen von den Sparmaßnahmen in Griechenland besonders betroffen / Weitere Lohnkürzungen angekündigt

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 3 Min.
Alt werden ist nicht empfehlenswert in Griechenland. Denn wie bereits bei vergangenen »Sparmaßnahmen« sind es erneut vor allem die Rentner, die für die Haushaltskonsolidierung des krisengeschüttelten Mittelmeerstaates zur Kasse gebeten werden sollen.

Wie aus den kargen Verlautbarungen nach dem Treffen zwischen der regierenden Athener Dreiparteienkoalition und der Gläubigertroika aus EU, IWF und EZB in Athen zu entnehmen ist, werden die Zeiten für Griechenlands Rentner noch schwerer. Danach sollen das Renteneintrittsalter von 65 auf 66 Jahre angehoben und die Renten erneut gekürzt werden. Auf Drängen der Troika sollen auch Renten unterhalb der ursprünglich gesetzten Grenze von 1400 Euro im Monat betroffen sein. Denn nur mit einer zehnprozentigen Kürzung oberhalb dieses Betrages ließen sich die geplanten 200 Millionen Euro Einsparungen in diesem Bereich nicht erzielen.

Kein Wunder, bezieht doch die Mehrheit der in der größten staatlichen Versicherung IKA Erfassten eine beim griechischen Preisniveau ohnehin nicht zum Überleben ausreichende Hungerrente von weniger als 600 Euro im Monat. Man überlege allerdings, die Kürzungen in den unteren Rentengruppen bei weniger als zehn Prozent anzusetzen, hieß es dazu geradezu zynisch.

Der noch aktive Teil der lohnabhängigen Bevölkerung soll ebenfalls weitere Kürzungen seines in den letzten beiden Jahren im Schnitt bereits um ein Drittel geschmälerten Einkommens hinnehmen. Einzelheiten darüber, wie hier drei der insgesamt mit den Gläubigern vereinbarten 11,5 Milliarden Euro eingespart werden sollen, werden wohl erst im Laufe des Monats bekannt gegeben. Als sicher gilt jedoch, dass die Löhne bei den teilweise in Staatsbesitz befindlichen Großunternehmen an das gesenkte Lohnniveau des übrigen öffentlichen Dienstes angepasst und auch noch die letzten Lohnzuzahlungen, etwa das Kindergeld, gestrichen oder zumindest einkommensabhängig vergeben werden. Als Ausgleich denkt man in Athen darüber nach, Familien mit einem selbst zum Sterben zu geringen Jahreseinkommen von 3000 Euro ein Almosen von 300 Euro pro Jahr und Kind zukommen zu lassen.

Als »Verbrechen gegenüber der Gesellschaft und der Wirtschaft« bezeichnete die größte Oppositionspartei SYRIZA die Pläne von einheimischer und ausländischer Troika. Regierung und Gläubiger würden in »ausgezeichneter Zusammenarbeit« den Weg der »unbedingten Umsetzung des katastrophalen Übereinkommens« fortsetzen. Regierung und EU errichteten einen »neuen Schlachthof für Löhne, Renten, sozialen Leistungen und Gesundheitsfürsorge«, kommentierte die Kommunistische Partei Griechenlands die bekannt gewordenen neuen Maßnahmen. Sie stürzten die Bevölkerung in tiefes Elend und würden nicht enden, wenn die Lohnabhängigen nicht entschlossen Widerstand leisteten.

Die nationalistische Partei der Unabhängigen Griechen beschuldigte die Regierung, sich dem Diktat der ausländischen Gläubiger bedingungslos unterzuordnen. »Die tatsächlichen Hauptdarsteller im griechischen Drama, die ausländische Troika, gibt ihre wirtschaftlichen Bestellungen auf, die sofort und ohne Einsprüche akzeptiert werden.« Solange die Regierung keinen Widerstand leiste, würden die Ansprüche der Gläubiger nur wachsen, so der Kommentar der Unabhängigen Griechen. »Die Bürger werden in die Verelendung und das Land aus der Eurozone heraus geführt.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.