Entenhausens Mann in München
Jan Gulbransson malt Donald
München. Ein großer Teil von Entenhausen liegt - man glaubt es kaum - mitten in der bayerischen Landeshauptstadt. Denn dort, in seiner Wohnung im Münchner Stadtteil Haidhausen, denkt sich der Comiczeichner Jan Gulbransson die Geschichten über Donald Duck aus und bringt sie für die legendären »Micky Maus«-Hefte zu Papier. Er ist nach eigenen Angaben der einzige Deutsche, der ganze Donald-Geschichten zeichnet. Er ist auch der erste und einzige Deutsche, der in Disneys Ruhmeshalle, die »Hall of Fame« aufgenommen wurde.
»Es ist natürlich ein Kindheitstraum«, sagt Gulbransson. Und das glaubt man ihm aufs Wort. »Alle Erwachsenen haben uns in den 50er Jahren gesagt, wir werden Verbrecher oder schlimmeres, wenn wir Comics lesen.« Ein Ereignis habe ihn damals besonders berührt: »1957 ist das erste und einzige Mal nach dem Dritten Reich in Deutschland Schriftgut verbrannt worden«, erinnert er sich. Auf öffentlichen Plätzen seien damals Berge von Comics in Flammen aufgegangen. »Das, was ich hier mache, ist also die Rache des kleinen Burschen aus den 50er Jahren.«
Das Talent wurde dem Enkel des berühmten Malers und Karikaturisten Olaf Gulbransson wohl in die Wiege gelegt. Und seinen Weg auf den Comic-Olymp schlug der heute 63-Jährige schon während der Schulzeit ein. Erst zeichnete er privat, nach der Schule heuerte er in einem Münchner Zeichentrick-Studio an. Dort blieb er bis Anfang der 1980er Jahre - bis er auf einer Kinderbuchmesse Kontakt zu dem holländischen Verlag aufnahm, der die Disney-Lizenzen innehatte. Dort begann seine Arbeitsbeziehung zu Donald, die ihn schließlich zurück nach Deutschland und zum Berliner Ehapa-Verlag führte. Neben vielen anderen Comic-Projekten entwickelt und zeichnet er nun die Donald-Geschichten für die deutsche »Micky Maus«-Ausgabe.
Am 24. August startet ein ganzer Abenteuer-Reigen in der Kinderzeitschrift, wie der Ehapa-Verlag in Berlin bestätigte. Gulbransson schickt Donald und seine Kumpanen in acht Folgen und auf 100 Comicseiten auf Deutschlandreise - und natürlich auch auf die Wiesn. Soweit er weiß, ist es das erste Mal, dass Donald im ganz realen Deutschland unterwegs ist. Seine Reise führt ihn von Berlin über Hamburg ins Ruhrgebiet, nach Köln, Frankfurt, Stuttgart, Dresden und nach München.
Dabei sind Gulbranssons Kreativität allerdings Grenzen gesetzt. Alles machen darf er im Auftrag von Disney nicht. »Es gibt natürlich die klassischen Disney-Tabus: Sex, Religion und Tod«, erzählt er. »Die kann man aber unterlaufen.« In seiner dritten Donald-Geschichte habe er Dagobert sterben lassen - zumindest für die Entenhausener. Der Leser wusste die ganze Zeit, dass er sich nur im Himalaya verlaufen hatte. »Ich wollte einfach wissen, was passiert, wenn Donald und sein Cousin Gustav die gesamten 13 Trilliarden wirklich erben«, sagt Gulbransson.
Nicht im Auftrag von Ehapa, sondern vor allem zum Spaß, hat Gulbransson sich auch einmal Gedanken über das geheime Leben des Donald Duck gemacht. Donald für ein Erwachsenen-Magazin - aber alles noch im Rahmen. Mehr als einen Kuss gibt es auch da nicht. »Ich habe das Ende etwas entschärft.«
Donald zu zeichnen, sei eine dauernde Herausforderung, sagt der 63-Jährige. Er gelte zurecht als am schwierigsten zu zeichnende Comicfigur. Erst 20 Jahre nach seinem ersten Donald sei er mit seiner Arbeit zufrieden gewesen, sagt Gulbransson. Was ihm an der hitzköpfigen Ente am besten gefällt, ist ihr Charakter. Immer wieder sei er auch gefragt worden, ob er nicht auch Micky Maus malen würde. »Ich habe mich immer strikt geweigert, weil er mich einfach als Charakter überhaupt nicht interessiert«, sagt er. »Was soll ich denn mit dem Micky?«
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