Geburtsort Taxi?

In Eckernförde ist die Entbindungsklinik von Schließung bedroht

  • Dieter Hanisch, Eckernförde
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine ganze Region kämpft für den Erhalt der Entbindungsstation am örtlichen Krankenhaus in Eckernförde. Der Betreiber will die Geburtshilfestation zum 1. Oktober schließen. Gegen diese Pläne gingen am Samstag mehr als 1000 Eckernförder auf die Straße.

Sie tragen T-Shirts mit der Losung »Wir kämpfen für den Geburtsort Eckernförde«. Auch Bürgermeister Jörg Sibbel (parteilos) hat sich den sichtbaren Protest übergestreift. Die Politik hat parteiübergreifend mit Unverständnis auf die Schließungspläne reagiert, die der Klinikbetreiber imland mit fehlendem Personal - besonders Belegärzten - begründet. Kritiker vermuten dagegen, betriebswirtschaftliche und gewinnorientierte Interessen des Betreibers hinter den Plänen stehen.

»Eine Geburtshilfestation lässt sich nicht kostendeckend führen.« Zu dieser Erkenntnis kommt sogar der CDU-Ortsvereinsvorsitzende, Ratsherr und Landtagsabgeordnete Daniel Günther. Dieser ist nicht gut auf seinen Parteikollegen Lutz Clefsen zu sprechen. Der Kreistagspräsident mit CDU-Parteibuch ist zugleich Aufsichtsratschef bei imland. LINKE und Grüne fordern deshalb seinen Rücktritt.

Im Vorjahr registrierte die Klinik in Eckernförde 600 Geburten. Sie genießt einen exzellenten Ruf und ist auch Anlaufstation für viele Schwangere aus der umliegenden Region bis hin nach Schleswig und Kiel. Hinweise auf Ausweichkliniken in Rendsburg und Kiel empfinden Mütter und Hebammen als zynisch. Auf Plakaten hieß es bei der Demonstration daher auch »Geburtsort Taxi?« oder »Geburtsort Landstraße?«.

Am 6. September muss sich der Hauptausschuss des Kreistages mit dem Thema befassen. Im Kreisparlament, in dem die CDU die Mehrheit stellt, nimmt Daniel Günther seine Parteikollegen nun in die Pflicht, den Schließungsbeschluss rückgängig zu machen. Am 12. September debattiert die Eckernförder Ratsversammlung darüber. Aus der Nachbarstadt Kappeln liegt mittlerweile eine einstimmige Resolution aus dem dortigen Stadtparlament zum Erhalt der Geburtsabteilung in Eckernförde vor. Noch während der Demonstration in Eckernförde wurden parallel in Schleswig und Süderbrarup weitere Unterschriften für den Erhalt der Station gesammelt. Über 8000 davon liegen bereits vor.

Es gibt auch Kritik an den imland-Plänen, ein neues Fachzentrum für Endoprothetik in Eckernförde zu etablieren. Den Vorwurf, die Kinderstation an die Wand zu fahren, um mehr räumliche Möglichkeiten für das neu zu erschließende Geschäft der Gelenksoperationen zu haben, weist die imland-Geschäftsführung allerdings entschieden zurück.

Was die Zukunft der Entbindungsstation angeht, sitzen Klinikleitung, Kassenärztliche Vereinigung und die Kassen nicht zuletzt auf Drängen der SPD-Sozialministerin Kristin Alheit nun an einem Tisch. In die Lösungsfindung nicht einbezogen werden allerdings die Hebammen und die spontan über Facebook gegründete Initiative zur Rettung des Geburtsortes Eckernförde.

Seit zwölf Jahren wurden landesweit Geburtsstationen in Flensburg, Brunsbüttel, Kaltenkirchen, Elmshorn und Mölln geschlossen. Das hänge mit einem 20-prozentigen Geburtenrückgang zusammen, heißt es vom Berufsverband der Frauenärzte. Dass die Zahl der gynäkologischen Belegärzte rapide rückläufig ist, hängt allerdings vor allem damit zusammen, dass die Haftpflichtprämien - ähnlich wie bei den Hebammen - gewaltig angestiegen sind. Für einen Neuvertrag wird jährlich eine Summe von 36 000 bis 40 000 Euro verlangt.

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