Kipping appelliert an SPD-Basis

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 4 Min.
Während die Fraktionsvorsitzenden der LINKEN über Regierungsbeteiligungen diskutieren und der Parteivorstand über die Wahlstrategie 2013 berät, hat die Vorsitzende Katja Kipping angeboten, sich „sofort mit den Spitzen von SPD und Grünen“ zusammenzusetzen
Die Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei in den Ländern unterstützen den Vorstoß von Katja Kipping und Bernd Riexinger, offensiv auf SPD und Grüne zuzugehen. Regierungsbeteiligungen unter bestimmten Bedingungen seien auch bisher nicht an der LINKEN gescheitert, heißt es in einer Erklärung, die auf dem Treffen der Fraktionsspitzen in Potsdam verabschiedet wurde. Es sei stets um die Umsetzung wichtiger politischer Vorhaben gegangen und nie um Ministerämter. „Wir sind dafür bereit, das umzusetzen, wofür wir stehen", erklärte der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Gregor Gysi am Samstag nach der Konferenz, auf der auch über die Bilanz der bisherigen rot-roten Koalition in Brandenburg debattiert wurde.

Die LINKE stehe „konsequent für den Sozialstaat, Verteilungsgerechtigkeit und Frieden", und zwar unabhängig davon, ob die Partei in der Opposition sitzt oder in Regierungsverantwortung stehe. Man habe die Politik im Sinne eigener Forderungen „beeinflusst und Themen gesetzt, etwa den Mindestlohn, die Angleichung der Lebensverhältnisse" in Ost und West sowie im Kampf gegen die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse. Bereits 1999, daran wird in der Erklärung auch erinnert, habe sich „die PDS für einen gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht gegen alle politischen Konkurrenten und zunächst auch gegen die Position der Gewerkschaften". Inzwischen sei werde dieses Ziel in allen Parteien zumindest von Minderheiten vertreten.

SPD-Basis soll sagen, ob sie Steinmeier-Kurs "will oder nicht"

Gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" hat derweil Katja Kipping erneut SPD und Grüne zu mehr Offenheit gegenüber der LINKEN aufgefordert. „Die kindischen Abgrenzungsrituale in der Opposition sind die Lebensversicherung von Frau Merkel", sagte die Parteivorsitzende, die sich „sofort mit den Spitzen von SPD und Grünen zusammensetzen" würde, „um darüber zu diskutieren, wie man den sozial-ökologischen Umbau umsetzt". Ähnlich äußerte sich auch Gysi nach der Runde der Fraktionsvorsitzenden aus den Ländern. Wenn SPD und Grüne nach der Bundestagswahl wirklich an einem Politikwechsel interessiert seien, könnten sie diesen nur mit der Linkspartei umsetzen.

Die Spitzen von SPD und Grünen hatten in den vergangenen Wochen mehrfach jedes auf Kooperation ausgerichtete Wort zurückgewiesen. Lediglich auf den linken Flügeln beider Parteien wird die Frage einer Zusammenarbeit mit der LINKEN etwas anders gesehen. Es gebe „aufrechte Sozialdemokraten und linke Grüne", von denen sie andere Signale erhalte, sagte Kipping der "Süddeutschen". „Sie bestimmen nur derzeit nicht das Bild." Wenn beispielsweise SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier der LINKEN „eine schärfere Antwort gibt als der FDP", dann müsse auch die Basis der Sozialdemokraten „sagen, ob sie diesen Kurs will oder nicht".

Unterdessen hat sich der Landesvorsitzende der LINKEN im Nordosten, Steffen Bockhahn, dafür ausgesprochen, inhaltliche Schwerpunkte im Wahlkampf zu setzen und nicht vorrangig auf der rot-rot-grünen Klaviatur zu spielen. „Zweifelsfrei ist es so, dass ein echter Politikwechsel niemals an der Linken scheitern darf", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Aber ich glaube die Linke ist gut beraten, einen eigenständigen Wahlkampf für ihre Themen zu machen."

Sorgen der kleinen Leute ohne Linkspartei "vergessen"

Der Vorstand der LINKEN berät an diesem Wochenende am Rande Berlins auf einer Klausur über die Strategie für die kommenden Monate. Dazu liegt ein erster Entwurf von Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn vor, der auf zwölf Seiten die nach Meinung der LINKEN zentralen Konfliktfelder benennt und die wichtigsten Themen für den Wahlkampf umreißt. Die Partei habe beginnend mit dem Jahr 2010 „den Scheitel linkssozialistischer Gründungseuphorie überschritten". Außerdem müsse berücksichtigt werden, „dass große Teile der Bevölkerung - darunter auch der Wählerschaft der LINKEN - der Meinung sind, Kanzlerin Merkel führt das Land in die richtige Richtung". Eine Wechselstimmung sei gegenwärtig auf Bundesebene nicht vorhanden.

Für die Linkspartei sei es wesentlich, heißt es in dem Papier, das "neues deutschland" vorliegt, den Wählern glaubwürdig klarzumachen, dass „ohne uns die Krisen der kleinen Leute, ihre Ängste und realen Nöte ,vergessen'" würden. Man wolle nicht in erster Linie „gegen andere politische Parteien und Kräfte" kämpfen, sondern im Wahlkampf „vor allem für sich selbst" werben. Dabei müsse beachtet werden, dass gerade der Wähler der LINKEN bei ihren Präferenzen „den Akzent nicht mehr auf die Richtungsentscheidung pro opder contra Agenda 2010 und Hartz IV legen, sondern auf die Frage, welche Partei bei der Bewältigung der Folgen im Alltag hilft, das heißt, handlungsmächtig ist und konkrete Schritte anbietet." Beschlossen werden soll die Wahlstrategie erst im Oktober.

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