Computer von Betriebsrat überwacht: Kündigung
Prozess um Fall in Bäckereikette in Augsburg noch ohne Urteil
Eine schwäbische Bäckereikette hat den Rechner ihres Betriebsratsvorsitzenden mit einer Software überwacht und dem Mann kurz darauf gekündigt - weil er angeblich sein Arbeitszeitkonto manipulierte. Vor dem Augsburger Arbeitsgericht wies der 54-Jährige am Donnerstag die Vorwürfe zurück. »Viele Menschen haben Zugriff auf unsere Rechner«, sagte er.
Die Bäckereikette Ihle hatte den Betriebsrats-PC gezielt mit einem Kontrollprogramm überwacht. Sie argumentiert, die Installation sei die einzige Möglichkeit gewesen, dem Arbeitnehmervertreter die Manipulation des Arbeitszeitkontos nachzuweisen - und das sei geglückt. Das Überwachungsprogramm ist eine Software, die fünf Minuten lang sekündlich Bildschirmfotos macht, sobald auf das Zeiterfassungsprogramm zugegriffen wird.
Eine großangelegte Überwachung habe es nicht gegeben, sagte der Anwalt des Unternehmens, Gerhard Rieger. »Wir haben nicht das Betriebsratsbüro überwacht, sondern einen Arbeitnehmer.« Weil der Betriebsrat der Kündigung nicht zugestimmt hatte, zog Ihle vor Gericht. »Es gibt doch kein Sonderrecht für Betriebsräte, in ihrem Büro Straftaten begehen zu können.« Das Unternehmen habe dem Betriebsratsvorsitzenden eine Abfindung angeboten, die dieser jedoch bislang abgelehnt habe, sagte Rieger.
Das Gericht prüft die Kündigung in mehreren Schritten. Dabei geht es zunächst darum, ob die Überwachung des Rechners rechtens war und ob die Daten als Beweismittel genutzt werden dürfen. Bejaht das Gericht diese Fragen, entscheidet es über die Kündigung des Mannes - und ersetzt damit die Stimme des Betriebsrates. Ein nächster Termin ist für den 4. Oktober angesetzt. Ob es dann schon einen Beschluss gibt, steht noch nicht fest.
Vor dem Gericht demonstrierte die Gewerkschaft »Nahrung-Genuss-Gaststätten«, die Ihle »Big-Brother-Methoden« vorwirft. Arbeitnehmer, die Rat und Hilfe beim Betriebsrat suchten, müssten absolut sicher sein, dass das Betriebsratsbüro ein geschützter Raum sei, argumentiert die Gewerkschaft. Auch eine Gruppe von Ihle-Mitarbeitern kam zum Gericht - um ihre Solidarität mit dem Unternehmen zu zeigen. Auf Schildern, die sie in die Luft hielten, stand »Wir sind Ihle«. Sie fürchten um den Ruf ihres Betriebes.
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