Steigende Preise - schwindende Hoffnung?

Meinungen zum Euro und zur Krise gibt es so viele wie Europäer. Doch sie eint die Angst vor der Perspektivlosigkeit

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 2 Min.

»Die Welt verliert das Vertrauen in den Kapitalismus«, titelte unlängst eine große Tageszeitung. »Deutsche wünschen sich eine neue Wirtschaftsordnung«, hieß es nur ein paar Tage später in einem anderen Blatt. Die Krise hinterlässt im Bewusstsein der Menschen, in ihren Ansichten über ökonomische Regeln und politische Strukturen ihre Spuren - und sie tut dies von Land zu Land in unterschiedlicher Weise.

Wie, das zeigen Zahlen des Washingtoner Pew-Forschungszentrums, das mehrfach in den letzten Jahren Zehntausende in Dutzenden Ländern befragt hat. Vor allem in den besonders stark von der Krise betroffenen Staaten etwa im Süden Europas hat sich die Sicht auf die eigene ökonomische Lage und die des Heimatlandes deutlich verschlechtert - in Spanien und Italien beschreiben nur sechs Prozent die Situation als gut, in Griechenland sind es sogar nur zwei Prozent. Auch unter Briten (15 Prozent) und Franzosen (19 Prozent) schätzt nur eine Minderheit die ökonomische Lage positiv ein. Im Gegensatz zur Bundesrepublik, wo eine klare Mehrheit von 73 Prozent meint, es gehe ihr und der Wirtschaft gut.

Deutschland ist von der Krise bisher nicht so betroffen, das Land hat lange Zeit von den Umständen profitiert, die in anderen Staaten die Krise befeuerten. Der Glaube an die Verhältnisse ist hierzulande denn auch relativ stabil, 69 Prozent der Befragten meinen, den Menschen gehe es in der »Marktwirtschaft« besser - genauso viele wie 2002. In Italien hingegen sind nur noch 50 Prozent der Ansicht, in Spanien 47 Prozent; und damit jeweils etwa 20 Prozent weniger als in Umfragen, die vor der Krise durchgeführt wurden.

Und was hat das nun mit dem »Vertrauen in den Kapitalismus« zu tun? Für viele Menschen sind Kapitalismus und Marktwirtschaft nicht das Gleiche. Je nachdem, wonach sie gefragt werden, fällt die Reaktion anders aus, wie eine Umfrage des Instituts Allensbach zeigte: Da meinten 48 Prozent der befragten Bundesbürger, der Kapitalismus sei in seiner aktuellen Ausprägung nicht mehr zeitgemäß, die Marktwirtschaft lehnten hingegen nur 24 Prozent ab.

Dass mehr als ein Drittel sich bei der Beantwortung unsicher war, verweist auf die Bewegungen im Krisenbewusstsein: In welche Richtung es sich künftig noch ändert und was das für die politische Linke bedeutet, erfährt man indes nicht in Umfragen.

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