Eskalation der angespannten Lage als Ziel

  • Aiman Mazyek
  • Lesedauer: 3 Min.
Aiman Mazyek ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland.
Aiman Mazyek ist Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland.

Wir beim Zentralrat der Muslime haben die Angriffe auf die deutsche Botschaft in Sudan wie zuvor das Attentat auf den amerikanischen Botschafter und seinen Mitarbeitern in Libyen auf das Schärfste verurteilt. Es gibt dafür keine Rechtfertigung in der Religion. Auch die anderen gewaltsamen Ausschreitungen in Teilen der islamischen Welt sind nicht zu rechtfertigen. Die Randalierer verteidigten damit in keiner Weise die Ehre des Propheten, denn dieser hat stets mit Weisheit und Ermahnung auf Schmähungen und Beleidigungen reagiert. Wenn es so etwas wie Fremdschämen gibt, dann hier.

Weltweit identifiziert sich die große Mehrheit der Muslime keineswegs mit diesen gewalttätigen Ausschreitungen. Selbst die Demütigungen der letzten Jahre - unter anderem Abu-Ghuraib, Koranverbrennungen und gewaltsame Einmärsche in Afghanistan und Irak - rechtfertigen nicht die Gewalt der vergangenen Tage gegen Unschuldige.

Gleichzeitig haben wir das Schmähvideo »Die Unschuld der Muslime« verurteilt und sehen darin einen gezielten Versuch, Hass und Zwietracht unter den Völkern zu sähen und die Würde der Muslime zu verletzen Das Menschenrecht auf Würde und Integrität gilt es hierbei zu verteidigen. Darum begrüße ich die Haltung der Bundesregierung, die dies ebenfalls zum Ausdruck gebracht hat.

Das Schmähvideo wird von Extremisten instrumentalisiert. Ihre Absicht ist es, in den islamischen Ländern die jungen Demokratien zu zerstören und Freiheit und Menschenrechte anzugreifen. Die Angriffe auf Botschaften nutzen den alten Diktatoren, die von demokratischen Bewegungen davongejagt wurden. Ebenso versuchen Terrorgruppen, durch Gewaltexzesse einen Zustand von Unsicherheit und Hass zu erzeugen. Denn Verängstigung ist der beste Nährboden für ihre extremen Positionen.

Der low-budget Film, in dem der Hauptdarsteller einen Mörder, Kinderschänder und Frauenheld spielt, soll nach dem Willen der Produzenten den Propheten Mohammed darstellen. Der Film hat offensichtlich eine reine Provokation und Eskalation zum Ziel. Aber der Versuch ist so schlecht gemacht, dass ich persönlich niemals den geehrten Propheten Mohammed wiedererkenne. Dennoch teile ich die Forderung von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach rechtlicher Prüfung, ob die Inszenierung einer rechten Partei, die den Film öffentlich zeigen will, unterbunden werden kann.

Rechtsextreme wollen Muslime durch diese Inszenierung diffamieren und in der ohnehin angespannten Lage weiter Rassismus predigen. Ich fürchte, dass Gegenreaktionen muslimischer Fanatiker nicht ausbleiben werden - sozusagen die Kehrseite derselben Medaille. Dadurch kann der öffentliche Frieden empfindlich gestört werden. Die Filmemacher hätten somit eines ihrer Ziele erreicht. Das sollten wir unbedingt verhindern.

Ich befürchte durch die öffentliche Aufführung des Films eine Zunahme an rassistischen Übergriffen auf uns Muslime. Wir haben nämlich die Erfahrung gemacht, dass nach solcher Hetze die Hemmschwelle in der Gesellschaft zu Brandanschlägen auf Moscheen und tätlichen Angriffen auf Menschen muslimischen Glaubens sinkt.

In der aktuellen Diskussion geht es nicht darum, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit gegeneinander auszuspielen. Wir sollten nicht die ideologische Debatte zu Gunsten der einen und dadurch auf Kosten der anderen Seite führen. Meinungsfreiheit bedeutet nicht nur, jemandem eine vermeintlich falsche Ansicht zuzugestehen. Es bedeutet auch, offenkundigen Schund bisweilen aushalten zu müssen. Im Umkehrschluss kann es aber nicht bedeuten, dass jeder Schund die Meinungsfreiheit automatisch verteidigt.

In den vergangenen Tagen hatte ich den Eindruck, dass das zuweilen so ist. Satire zum Beispiel - gute allemal - basiert auf einem intelligenten Kniff, ist durchdacht und will meistens auf bestimmte Missstände aufmerksam machen. Satire heißt jedoch nicht: Ich bespucke meinen Nachbarn, lache dabei und sage »Ätsch, das ist Satire!« Und weil sich das obendrein noch gut verkauft und meinem Blatt die lang ersehnte Auflage beschert, wiederhole ich diesen Vorgang. Nein, das ist keine Satire, das ist einfach nur asoziales und albernes Verhalten.

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